Süßholz
(Süßholzwurzel, lat. Radix liquiritiae seu Radix glycyrrhizae, frz. Racine de réglisse, engl. Liquorice root) stammt von verschiedenen Glyzyrrhiza-Arten, die im Mittelmeergebiet, in Südosteuropa und Vorderasien heimisch sind und in einer ganzen Reihe von Ländern, hauptsächlich Spanien, Südfrankreich, Süddeutschland, Italien, Ungarn, Mähren, Südrußland, China und Nordamerika angebaut werden. Die Süßholzpflanze gehört zu der Familie der Schmetterlingsblütler und ist in den oberirdischen Teilen krautig. Die Blätter sind unpaarig, 5 - 8 fach gefiedert mit stachelspitzigen Fiedern, die Blütentrauben kürzer als die Blätter, die Hülsen wenigsamig und kurz. Die ausdauernde Wurzel besitzt zahlreiche lange Ausläufer mit schuppigen Niederblättern, aus deren Achseln neue Schößlinge entstehen. - Im Handel unterscheidet man besonders zwei Sorten, das spanische und das russische S. - Das spanische S. (lat. Radix liquiritiae hispanica seu glabra), von Glycyrrhiza glabra L., besteht vorwiegend aus Ausläufern, während die eigentlichen Wurzeln in den Ursprungsländern selbst auf Süßholzsaft verarbeitet werden. Die Pflanze treibt einen bis 1 m langen und 2,5 cm dicken, senkrecht in die Erde dringenden Hauptstamm, der selten Äste, aber zahlreiche lange, horizontal verlaufende Ausläufer hat. Diese sind hier und da mit Stengelknospen besetzt und unterscheiden sich außerdem von den Wurzeln durch die Gegenwart eines ziemlich schwachen Markes. Das spanische S., das übrigens nicht nur aus Spanien, sondern auch aus Frankreich, Süddeutschland usw. stammt, bildet meist fingerdicke Stäbe von 6 - 9 cm Länge, graubrauner runzeliger Oberfläche und gelbem, faserig zähem Holzkörper. Es schmeckt süß, hintennach etwas kratzend, kommt ungeschält in den Handel und ist so schwer, daß es in Wasser untersinkt. Das in Spanien selbst gebaute S. unterscheidet man in zwei Hauptsorten, katalonisches S. von Tortosa und S. von Alikante, die beide in Ballen von 35 - 40 kg über französische Häfen eingeführt werden. Das in Deutschland (Gegend von Bamberg und Schweinfurt) und Mähren gebaute S. ist dem in Spanien gewonnenen ähnlich, aber dünner und von blasserem Gelb. Es kommt teilweise, in längliche Kränze gebunden, in den Handel, während die Hauptmenge an Ort und Stelle auf Extrakt verarbeitet wird. Das mährische S. wird im Lande selbst verbraucht. Französisches S. ist in der Regel spanische, über Frankreich gegangene Ware, da dieses Land selbst noch viel S. zur Extraktbereitung einführt. Italienisches S. kommt nicht in den Handel, wird vielmehr auf Extrakt verarbeitet. Unter der Bezeichnung spanisches S. geht endlich auch aus Kleinasien und Nordamerika stammende Ware. - Das russische S. (lat. Radix liquiritiae russica, echinata seu mundata), von Glycyrrhiza glabra, var. glandulifera, besteht aus Wurzeln und Ausläufern und ist die allein offizinelle Droge des deutschen Arzneibuches. Die Pflanze bildet eine bis 2 m hohe Staude, ist im südlichen Rußland, in Ungarn, Galizien, Armenien und Persien heimisch und wird besonders im südlichen Rußland für den Handel angebaut. Im Gegensatz zu der spanischen Süßholzpflanze ist sie drüsig behaart. Das russische S., das von Petersburg in Ballen von 75 - 100 kg, mit Lindenbastmatten umgeben, zu uns gelangt, bildet dicke, oft gespaltene Wurzelstücke oder auch Ausläufer, die geschält in den Handel kommen. Das Holz ist sehr faserig, strahlig zerklüftet und besitzt neben einem helleren Gelb ein lockereres Gefüge als das spanische S. Infolge seiner größeren Leichtigkeit schwimmt es auf Wasser. Der Geschmack des russischen S. ist süß, ohne kratzenden Nachgeschmack. - Apotheker und Drogisten beziehen das S. größtenteils von Großhandlungen in geschnittenem Zustande. Ebenso wird das Pulvern des S. von diesen besorgt, da sich die faserige Wurzel ohne maschinelle Einrichtungen nur schwer zerkleinern läßt. Die Güte eines Süßholzpulvers wird hauptsächlich nach der Farbe bewertet. Je reiner und intensiver das Gelb ist, als desto besser gilt die Sorte. Etwaige Verfälschungen lassen sich mikroskopisch und durch die Aschenbestimmung leicht erkennen. - Den wertvollsten Bestandteil der Süßholzwurzel bildet der Süßholzzucker, das Glyzyrrhizin, das sich als saures Ammoniumsalz zu 6 - 7 % vorfindet. Es ist ein unkristallisierbarer, gelblichweißer Stoff von stark süßem Geschmack, der sich beim Kochen mit verdünnten Säuren in Traubenzucker und eine harzige Substanz spaltet. Daneben enthält die Süßholzwurzel noch Asparagin, Pflanzeneiweiß, Farbstoffe, Zucker, ungefähr 7 % Mineralstoffe, Stärke und ein braunes Harz. Das letztere, das den kratzenden Nachgeschmack verursacht und sich in der russischen Ware nur in sehr geringer Menge vorfindet, ist zwar an und für sich in Wasser unlöslich, wird aber doch beim Auskochen der Wurzel unter Vermittlung der übrigen Bestandteile mit ausgezogen. Die S. findet ausgedehnte Anwendung in der Pharmazie. Die ganze Wurzel wird häufig im Handverkauf als »Süßholz in Stangen« verlangt, die geschnittene ist ein Hauptbestandteil des Brusttees, und die gepulverte findet sich im Brustpulver (lat. Pulvis liquiritiae compositus) wieder. Letztere dient auch als Bindemittel zu Pillenmassen, während das geschnittene S. zur Herstellung des Süßholzextraktes, des Süßholzsirups usw. benutzt wird. Im allgemeinen gilt das S. als reizlinderndes, die Tätigkeit der Schleimhäute anregendes, geschmackverbesserndes Mittel. - Die verschiedenen Arzneibücher sind sich nicht einig, ob dem spanischen oder dem russischen S. der Vorrang gebührt. Während das deutsche Arzneibuch nur die Verwendung des letzteren gestattet, lassen andere Arzneibücher, z. B. das schweizerische und österreichische, beide Arten zu. - Süßholzsaft, Lakritzensaft, Bärendreck (lat. Succus seu Extractum liquiritiae seuglycyrrhizae, frz. Suc ou Jus de réglisse, engl. Juice of liquorice) heißt das durch Auskochen der Süßholzwurzel gewonnene Extrakt; es wird in allen Anbauländern des S., doch nicht immer in gleich guter Beschaffenheit hergestellt. Besonders Unteritalien, Sizilien, Südspanien und Südfrankreich erzeugen große Mengen. Die Gewinnung geschieht in umfangreichen Siedereien. Die von den Pflanzern gekauften Wurzeln werden frisch in kürzere Stückchen geschnitten, gewaschen, zu Brei zermalmt und in großen Kesseln mit Wasser auf freiem Feuer 4 - 5 Stunden ausgekocht. Die von dem Rückstand abgeseihte und abgepreßte Flüssigkeit wird durch Absetzenlassen geklärt und dann in Eisen- oder Kupferpfannen eingedampft, zuletzt unter beständigem Umrühren, damit die Masse keine Klümpchen bildet, sondern eine gleichförmige Honigdicke erlangt. Aus dem Teige werden dann runde oder flachgedrückte Stangen von verschiedener Länge und Dicke, seltener Kuchen oder Brote geformt. Der trockene Süßholzsaft bildet schwarze oder schwarzbraune Sangen oder Massen von kurzem, stark glänzendem Bruch und angenehm süßem Geschmack. Er enthält die wesentlichen Bestandteile der Wurzel in konzentrierter Form, ungefähr 15 % Glyzyrrhizin, 5 % Zucker, 15 % gummöse Stoffe und 7 % Mineralbestandteile. Eine gute Ware hat kaum mehr als 15 % Wasser und hinterläßt beim Erschöpfen mit lauwarmem Wasser höchstens 25 % unlösliche Stoffe. Bei größerem Rückstand liegt der Verdacht vor, daß eine Verfälschung durch Stärke oder Mehl stattgefunden hat. Auf etwaigen Kupfergehalt prüft man durch Einleiten von Schwefelwasserstoff in die salzsaure Lösung der Asche, wobei keine Bräunung eintreten darf. Der gewöhnliche Süßholzsaft, im Handel als roher S. bezeichnet, findet als Brust- und Hustenmittel, ferner zu Tabakbeizen und auch wohl als Wasserfarbe Verwendung und dient vor allem zur Herstellung des gereinigten S. Die meist zylindrischen, etwa 15 - 20 mm dicken, 10 - 15 cm langen Süßholzsaftstangen des Handels stammen aus Unteritalien, Kalabrien, Sizilien, Frankreich, Spanien und Südrußland und sind fast stets auf der Längsseite mit dem Ursprungs- und Fabrikstempel versehen. Die Versendung geschieht in Kisten, mit Lorbeerblättern als Packmaterial. Nur Rußland verwendet Eichenblätter zur Verpackung. Die französische Ware bildet dünne Stengel, zu je 100 Stück in Pappkasten von 1 kg verpackt. Kalabreser Lakritzen gelten auch heute noch als bevorzugte Sorte. Am höchsten wird die Marke Barracco geschätzt, dann folgen die Marken: P. S. (Principe di Salerno), Martucci, Policoco, Corgiliano, Cassano und andere. Die beste französische Ware trägt den Stempel E. B. 60. Beim Einkauf der gezeichneten Stangenlakritzen ist genau auf den Namen zu achten, da manche Erzeuger denselben mit geringen Abänderungen nachahmen. Die dünnen, unbezeichneten Stangen, die in Deutschland im Kleinhandel verkauft werden, sindgrößtenteils deutschen Ursprungs. - Der gereinigte Lakritzensaft (lat. Succus liquiritiae depuratus) wird aus den gewöhnlichen Stangenlakritzen durch kaltes Ausziehen mit Wasser und Eindampfen der klaren Flüssigkeit bereitet. Zu diesem Zwecke schichtet man in einem Holzfaß abwechselnde Lagen von ausgewaschenem Stroh und Lakritzenstangen übereinander, füllt mit Wasser auf und läßt mehrere Tage stehen, worauf man die Lösung abzapft und in gleicher Weise noch einen Auszug entnimmt. Die durch Kolieren geklärten Auszüge werden im Wasserbade bis zum dicken Extrakt eingedampft. Zur Gewinnung von Lakritzenpulver setzt man das Eindampfen noch weiter fort, zieht die zähe Masse zu Bändern aus, trocknet diese bei gelinder Wärme völlig und pulvert sie dann. Das kaffeebraune Pulver, das sehr hygroskopisch ist, wird in gut verschlossenen Gläsern aufbewahrt. Der gereinigte Süßholzsaft stellt ein braunes, in Wasser klar lösliches, dickes Extrakt dar, das in den Apotheken zur Herstellung von Hustenmixturen, Brustelixier, gereinigten Stangenlakritzen, Lakritzentäfelchen, Cachou usw. vielfache Verwendung findet, während das gereinigte Lakritzenpulver einen Hauptbestandteil der Salmiakpastillen bildet.
Quelle: www.manufactum.de/merck

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