Ein internationales Forschungsteam mit Prof. Dr. Bettina Engelbrecht (Universität Bayreuth) zeigt in einer neuen Studie, welche Faktoren die Häufigkeit und die räumliche Verteilung tropischer Baumarten im Kongobecken beeinflussen. Geologische Gegebenheiten und die Unterschiede in den Böden haben hier den wichtigsten Einfluss – anders als im Amazonasbecken, wo die Verteilung der Baumarten wesentlich von den klimatischen Verhältnissen abhängt. Die auf 56.000 Untersuchungsflächen gewonnenen Forschungsergebnisse sind ein grundlegender Beitrag zu Strategien und Maßnahmen, welche die Artenvielfalt und die ökologischen Funktionen des Regenwalds bewahren helfen und eine nachhaltige Nutzung fördern.
Das Kongobecken in Afrika umfasst das zweitgrößte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Erde. Wie können sich veränderte Klimabedingungen auf seine Artenvielfalt und seine ökologischen Funktionen – wie beispielsweise die Kohlenstoffspeicherung und die Regulierung des Wasserhaushalts – auswirken? Zuverlässige Prognosen zu erarbeiten und darauf aufbauende umweltpolitische Konzepte zu entwickeln, die das Regenwaldgebiet des Kongobeckens wirksam schützen, ist das Ziel des von der Europäischen Union geförderten Forschungsprojekts "CoForChange". Die Abkürzung steht für "Predicting the Effects of Global Change on Forest Biodiversity in the Congo Basin".
Im Rahmen dieses Projekts hat ein internationales Forschungsteam erstmals untersucht, wie klimatische und geologische Gegebenheiten einerseits sowie Eingriffe des Menschen andererseits die Häufigkeit und die räumliche Verteilung tropischer Baumarten im Kongobecken beeinflussen. An der Studie hat – in Kooperation mit Forschungseinrichtungen in Frankreich, Belgien und Großbritannien – auch Prof. Dr. Bettina Engelbrecht mitgearbeitet, Professorin für Pflanzenökologie an der Universität Bayreuth und Mitglied im Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER). In der Online-Fachzeitschrift PLOS ONE stellen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt ihre Ergebnisse vor.
Im Kern ging es in der Studie um die Frage: Was ist am wichtigsten für die Verbreitung von Baumarten in den diversen Wäldern des Kongobeckens: Klima, Böden oder menschliche Einflüsse? Die Forschungsarbeiten konzentrierten sich auf 31 Baumarten, die im nördlichen Kongobecken besonders häufig anzutreffen sind und dort zusammen etwa ein Fünftel der Bäume ausmachen. Um herauszufinden, wodurch das Gedeihen dieser Baumarten gefördert oder behindert wird, hat das Forschungsteam über 56.000 Untersuchungsflächen in einem Waldgebiet von mehr als 700.000 Quadratkilometern bearbeitet. Dieses Gebiet ist damit fast doppelt so groß wie Deutschland. Es erstreckt sich von Kamerun über die Zentralafrikanische Republik und die Republik Kongo bis hin zur Demokratischen Republik Kongo.
Anhand von Forstinventaren haben die Forscher untersucht, welche der 31 Baumarten auf welchen Flächen gedeihen, und wie häufig sie dort vorkommen. Gleichzeitig haben sie jede Baumart in Hinblick auf vier Merkmale charakterisiert: maximale Wachstumsrate, Schattentoleranz, Holzdichte und Blattphänologie (vor allem Häufigkeit und Ausmaß des Laubfalls). Landkarten und Satellitenaufnahmen halfen parallel dazu, die klimatischen und geologischen Verhältnisse zu erfassen. Dabei wurden auch die Auswirkungen menschlicher Eingriffe ermittelt, insbesondere die Folgen von Besiedlung und land- und forstwirtschaftlichen Maßnahmen. So konnte jeder Fläche ein individuelles Profil – nämlich ein Bündel von Umweltdaten und anthropogenen Daten – zugeordnet werden.
Der für das Forschungsprojekt entscheidende Schritt bestand darin, die Häufigkeit der Baumarten in den mehr als 56.000 Flächen, die Profile der Flächen und die Charakterisierungen der Arten systematisch aufeinander zu beziehen. Eine derart umfassende Studie hat es hinsichtlich der Baumarten in afrikanischen Regenwäldern bisher noch nicht gegeben.
Geologische Gegebenheiten und die dadurch bedingten Unterschiede in den Böden haben eindeutig den wichtigsten Einfluss auf die räumliche Verteilung der Baumarten im Kongobecken. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der Studie, die damit einen auffälligen Gegensatz zu den Regenwäldern im Amazonasbecken zutage gefördert hat. Denn anders als in Südamerika, spielen klimatische Verhältnisse im Kongobecken nur eine untergeordnete Rolle. Hier sind alle häufigen Baumarten an die jährlich wiederkehrende Trockenzeit gut angepasst. Auch menschliche Eingriffe haben bisher kaum Spuren in den Wäldern hinterlassen.
Die dominierende Rolle der Bodenbeschaffenheit in den afrikanischen Regenwäldern spiegelt sich auch in den Eigenschaften der Baumarten wider. So sind beispielsweise auf Sandböden hauptsächlich solche Arten zuhause, die sich durch langsame Wachstumsraten, eine hohe Holzdichte, eine stark ausgeprägte Schattentoleranz und immergrüne Blätter auszeichnen. Denn diese Merkmale sichern das Überleben auf nährstoff- und wasserarmen sandigen Böden.
"Die Ergebnisse des Projekts sind eine wertvolle Unterstützung für die Entwicklung von Maßnahmen zum Erhalt der Regenwälder im Kongobecken", erklärt Prof. Dr. Bettina Engelbrecht, die sich an der Universität Bayreuth insbesondere mit der Ökologie und Ökophysiologie tropischer Pflanzen befasst. "Es hat sich beispielsweise herausgestellt, dass die langsam wachsenden Wälder auf Sandböden besonders anfällig sind für forstwirtschaftliche Eingriffe und für Klimaänderungen. Daher sollten sie besonders geschützt werden. Schnell wachsende Baumarten, die für die forstliche Nutzung besonders interessant sind, sind dagegen auf feuchte und nährstoffreiche Böden beschränkt."
Die Bayreuther Pflanzenökologin ist zugleich am Smithsonian Tropical Research Institute (STRI) in Panama tätig, einer weltweit führenden Einrichtung zur Tropenforschung. Sie hat bei ihren Forschungsarbeiten nicht nur die ökologischen, sondern auch die ökonomischen Konsequenzen der Ergebnisse im Blick: "Die Regenwälder des Kongobeckens sind für Europa ein Hauptlieferant tropischer Hölzer. Es liegt daher nicht zuletzt im langfristigen Interesse Deutschlands, dass effektive Maßnahmen entwickelt werden, die zur verantwortungsvollen und nachhaltigen Nutzung dieser Wälder beitragen und gleichzeitig ihre Artenvielfalt schützen."
Wie eng ökologische und wirtschaftliche Aspekte miteinander zusammenhängen, zeigte sich auch im Mai 2012 bei einer Konferenz in Brazzaville in der Republik Kongo. Dort wurde die Studie über die Fachwelt hinaus einem breiteren Publikum vorgestellt. "Konferenzteilnehmer, die sich für nachhaltiges Wirtschaften in den Bereichen Waldschutz, -management und -nutzung engagieren, haben die Ergebnisse mit großem Interesse aufgenommen", so Prof. Engelbrecht.
Veröffentlichung
Fayolle A, Engelbrecht B, Freycon V, Mortier F, Swaine M, et al. (2012),
Geological Substrates Shape Tree Species and Trait Distributions in African Moist Forests.
PLOS ONE 7(8): e42381. DOI:10.1371/journal.pone.0042381
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