Die begehrte Veranstaltungsreihe ‚igeL on Tour‘ gestattet engagierten Mitgliedsunternehmen den Einblick in Produkte und Philosophie anderer, gastgebender Akteure beim Leichtbau. Umrahmt von interessanten Fachvorträgen werden die deutschlandweit stattfindenden Treffen gern zur Netzwerkbildung und zum Erfahrungsaustausch zu dieser Zukunftstechnologie genutzt. Jüngste Station war am 24. Juni das Competence-Center des igeL-Mitglieds Homag Group im westfälischen Herzebrock, zugleich Sitz des Unternehmens Weeke Bohrsysteme GmbH.
Nach Begrüßung der etwa 30 Gäste aus verschiedenen igeL-Mitgliedsunternehmen durch den Verbandsvorsitzenden Oliver Hunger und der Eröffnung durch Peter Kettler, Verantwortlicher für „igeL on Tour“, übernahm Franz-Georg Jüttner als Gastgeber und Hausherr die Vorstellung der Homag Group.
Mit 15 Produktionsstandorten in sieben Ländern ist dieser Maschinenbau-Konzern weltweit aktiv und seit kurzem Teil der Dürr-Gruppe. Rund 5.600 Mitarbeiter setzen etwa 915 Mio. Euro jährlich um (inkl. Stiles/ USA), davon 49% mit Maschinen, 30% mit Anlagensystemen und 21% mit Dienstleistungen. Historisch gewachsen ist die Möbelindustrie mit 83% Umsatzanteil das wichtigste Kundensegment gefolgt von der Bauelementebranche (primär Fenster) mit 14% sowie Anlagen für die Komponentenherstellung für Fertighäuser in Höhe von 3% – so Jüttner, Projektleiter der Homag Holzbearbeitungssysteme GmbH, Schopfloch.
Direkt am Tagungsstandort in Herzebrock – historisch betrachtet mit den ‚ältesten Rechten‘ ausgestattet – hat das Unternehmen Weeke Bohrsysteme GmbH seinen Sitz. 1946 gegründet wurde es nach dem Tod des Gründerinhabers selbständige Firma in der Homag-Gruppe. Nach den Worten von Thomas Nesemeier, Vertriebsleiter D-A-CH bei Weeke, werden auf 42.000 m² Betriebsgelände bzw. 28.000 m² produktiver Fläche von ca. 700 Mitarbeitern, davon etwa 10% Auszubildende, rund 1.400 Maschinen und Anlagen pro Jahr für die Aufgabenstellungen Bohren, Schleifen und Nesting hergestellt.
Die Kernkompetenz von Weeke liegt seit Unternehmensstart auf dem Bohren von Holzwerkstoffen und Massivholz. Heute werden dafür jährlich ca. 25.000 Bohrspindeln verbaut. Wenn der Claim „Nichts ist unmöglich“ Bestätigung findet, dann beim Bohrvorgang, bei dem technologisch mit 6-Achsen Verfügbarkeit kein Wunsch mehr offen bleibt. Besonders stolz ist Weeke, so Nesemeier, auf seine hohe Fertigungstiefe sowie andererseits den umfangreich betriebenen Entwicklungsaufwand. Stellvertretend für beides steht die relativ hohe Zahl von 100 Ingenieuren.
Nach einer beeindruckenden Betriebsbegehung übernahm der Leiter des Technikums im Competence-Center der Homag Group, Ludger Terhechte, die Führung. Partnerschaftlicher Dialog, Live-Vorführungen und das komplette Homag Leistungsspektrum: All dies böte das Kompetenzzentrum in Herzebrock, „Tür an Tür“ mit Weeke, seit 2012.
Auf einer Ausstellungsfläche von insgesamt 1.600 m² sorgen rund 70 Mitarbeiter dafür, dass an nur einem Standort und unmittelbar am weltgrößten Möbelcluster Ostwestfalen-Lippe das Produktspektrum der Homag Group präsentiert werden kann. Über 20 Maschinen stehen ständig zur Vorführung bereit und neben Einzelmaschinen können auch verkettete Lager-Zellen besichtigt werden.
Im anschließenden Veranstaltungsteil mit Fachvorträgen zum Leichtbau übernahm Roland Dargel, gleichfalls Projektleiter der Homag Holzbearbeitungssysteme GmbH, den Aufschlag mit einem spannenden Referat zur Möbelfertigung bei Maja in Wittichenau. Für einen weltweit aktiven Möbelhändler wurde dort ein komplett neues Werk errichtet. Zusammen mit einem anderen Maschinenbauunternehmen stattete die Homag den Betrieb mit moderner Produktionstechnik aus.
Im Fokus steht die Be- und Verarbeitung von Leichtbauplatten BOS und BOF inkl. Verpackung und Logistik zu kundenfertigen Regalsystemen zum Selbstaufbau. In einer erstaunlich kurzen Zeit von gut fünf Jahren reifte auf der Achse Ostsachsen und Nordschwarzwald das Projekt für eine Leichtbau-Möbelproduktion von der Idee bis zur vollen Leistungsfähigkeit im Juni 2015.
Ob Plattenaufteilung, Kaschieren und Lackieren, Bekantung längs, Querteilung und Bekantung quer – Maschinenpark und Steuerungstechnik sind umfassend ausgelegt und auf neuestem Stand. Nicht zuletzt dadurch ist es möglich, in der Spitze 80 Takte je Minute zu fahren. Und das, obwohl oftmals absolutes Neuland betreten wurde. Beispielsweise mit den nur 16 mm dicken Einlageböden board-on-stile, die sowohl kostenseitig gegenüber dem Wettbewerbsprodukt Spanplatte als auch technologisch – man denke nur an den erforderlichen Leimdurchsatz in Bezug auf Werkstückgröße und Taktung – besondere Herausforderungen darstellen.
Jan Koelewijn, Sales Manager bei igeL-Mitglied Pillopak BV (Eerbeek/ NL), berichtete anschließend über das Einsatzspektrum der Leichtbauplatte „Allison“. Diese findet Verwendung für Türen, Wandsysteme, für Möbel, im Innenausbau und Messebau – dann auch spezifiziert auf Brandklasse B1. Interessant ist, dass Allison keine Mittellage aus ‚klassischen‘ Expansionswaben hat, sondern eine Art ‚aufrechtstehender‘ Wellpappe nutzt. Daraus folgt eine überraschend gute, gewollte(!) Biegsamkeit der Allison-Platten, die in dem 1954 gegründeten Einhundert-Mitarbeiter-Betrieb in 5 bis 60 mm Dicke gefertigt werden.
Bevor Peter Kettler die teils weitangereisten Teilnehmer an „igeL on Tour“ verabschiedete, übernahm nochmals Franz-Georg Jüttner das Mikrophon. Unter dem Titel „Total vernetzt“ berichtete er über Chancen, Risiken und Anforderungen an die Industrie 4.0 mit ihrer charakteristischen Fertigung für ‚Losgröße 1‘. Diese Ausführungen mit den Schwerpunkten horizontale Vernetzung, Maschinenkommunikation, Steuerung und Simulation bildeten damit eine Art Kontrastprogramm zum ersten Vortrag von Dargel über den Massenaustoß eines einzigen, standardisierten Produkts in Hochgeschwindigkeit.
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