Holz mehrfach entlang der Holzwertschöpfungskette nutzen – dies ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch äußerst vorteilhaft und daher am günstigsten für die Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz). Ausgehend von diesem forstwirtschaftlichen Ansatz, der im Zusammenhang mit der 17. UN-Klimakonferenz in Durban steht, wurden im Rahmen mehrerer Klima- und Energiefonds-Projekte (KLIEN) nun verschiedene Szenarien der Holznutzung berechnet. Man konzentrierte sich auf die Bereiche Wald, Holzprodukte und die vermiedenen Emissionen durch den Einsatz von Holzprodukten im Vergleich zu sogenannten „Substitutionsprodukten“ aus anderen Rohstoffen wie zum Beispiel Erdöl oder Stahl. Diese groß angelegten Berechnungen in Form von sogenannten Szenarien wurden von ExpertInnen des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), dem Umweltbundesamt und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) durchgeführt. Die Szenarien reichen bis ins Jahr 2100 und gehen von unterschiedlichen Bewirtschaftungsstrategien für den österreichischen Wald aus:
Der österreichische Wald muss die Nachfrage nach Holz abdecken, die durch politische Vorgaben und ökonomische Marktbedingungen bestimmt wird. Ob diese Nachfrage durch Holznutzungen im österreichischen Wald erfüllt werden kann und welche Auswirkungen das auf die THG-Bilanz hat, war wissenschaftlicher Gegenstand des BFW. Dafür wurde basierend auf den Daten der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) die Waldentwicklung für die verschiedenen Szenarien modelliert. Darauf aufbauend errechnete man die Veränderungen des Kohlenstoffspeichers in den Bäumen und im Waldboden.
„Der Wald für sich betrachtet kann mehr Kohlenstoff speichern, als dies unter derzeitiger Bewirtschaftung der Fall ist. Ohne Nutzungen würde sich langfristig ein Gleichgewicht einstellen, das etwa 50 Prozent mehr Kohlenstoff speichert als aktuell. Diese rein auf den Wald fokussierte Betrachtung greift aber viel zu kurz, weil langfristig die Holznutzung und dauerhafte Holzverwendung einen noch stärkeren positiven Effekt auf die THG-Bilanz hat“, sagt Dr. Klemens Schadauer vom Institut für Waldinventur.
Holz ist Bestandteil einer Reihe von Prozessen, deren Produkte in der österreichischen Wertschöpfungskette eine wichtige Rolle einnehmen. Das reicht von der Holz- und Sägeindustrie bis zur Möbel- und Papierherstellung. Schlüsselbegriff ist die kaskadische oder Mehrfach-Nutzung, die vorsieht, dass mit dem geringstmöglichen Einsatz von Biomasse eine größtmögliche stoffliche und energetische Nutzung erzielt werden kann. Gängiges Beispiel dafür ist die Verwertung von langlebigen Holzprodukten in der Papierindustrie, wo wiederum mehrfach recycelt wird. Momentan gilt bei der Herstellung von Holzernteprodukten, dass 2/3 kaskadisch genutzt und 1/3 direkt dem Wald entnommen werden.
„Bei den Projekten wurde errechnet, dass die verstärkte kaskadische Holznutzung für die THG-Bilanz langfristig günstiger ist als die verstärkte sofortige Nutzung von Holz zur Energieerzeugung. Eine lange Lebensdauer der Holzprodukte ist hier besonders wichtig“, stellt Dr. Peter Schwarzbauer von der BOKU fest. Er konzentrierte sich mit seinem Team auf die Kohlenstoffspeicherung von Holzernteprodukten.
Der herausragend positive Effekt von Holz auf die THG-Bilanz beruht auf dem Ersatz anderer energieintensiver Rohstoffe, die mit höheren THG-Emissionen als Holz verbunden sind. Selbst wenn Österreichs Wald bezüglich THG-Bilanz nahe Null bilanziert - auf- und abbauende Prozesse halten sich die Waage, wie im Referenzszenario simuliert - werden durch die Holzprodukte und die energetische Holznutzung aus Österreichs Wald enorme Mengen an THG-Emissionen eingespart.
„Die Gesamtbilanz an vermiedenen THG-Emissionen bzw. –senken durch die Holzkette aus Österreichs Wald über einen Zeitraum von 90 Jahren entspricht 20 jährlichen THG-Emissionen Österreichs“ fasst Dr. Peter Weiss vom Umweltbundesamt anschaulich zusammen.
Ein moderater Holz-Vorratsaufbau - circa halb so hoch wie jener der letzten Jahrzehnte in Österreichs Wald - hat über ein paar Jahrzehnte zusätzliche positive Effekte auf die gesamte THG-Bilanz der Holzkette. Voraussetzung dafür ist, dass die Schnittholzproduktion nicht zu sehr eingeschränkt wird. Für viele dürfte überraschend sein, dass sich langfristig durch diese Strategie die jährliche THG-Bilanz verschlechtert, da mehr energieintensiven Rohstoffe als Ersatz für die Holzprodukte aufgewendet werden müssen (Stichwort: Substitutionswirkung).
Wird aufgrund einer gesteigerten Nachfrage mehr Holz im Wald genutzt als nachwächst, verschlechtert sich die gesamte THG-Bilanz der Holzkette, obwohl dadurch mehr CO2-produzierende Energien wie Erdöl oder Stahl eingespart werden könnten (Stichwort: Materialsubstitutionseffekte). Die THG-Vorteile der Holznutzung dürfen also nicht losgelöst von den THG-Effekten der Waldbewirtschaftung betrachtet werden – Vorratsnachhaltigkeit, eine effiziente Waldbewirtschaftung und Holznutzung des zwar nachwachsenden, aber nicht grenzenlos verfügbaren Rohstoffes Holz, sind hier zusätzlich zu berücksichtigende Faktoren.
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