Bedrohen Rehe unsere Mischwälder? TEIL II



In Teil I ( zu finden unter bedrohen-rehe-unsere-mischwaelder-teil-i.htm)beschrieb ich die seltsame Folge von Gutachten zum bayerischen Vegetationsgutachten. Trotz satter akademischer Verbrämung ist der Erkenntnisgewinn gering. Jedenfalls konnten diese Gutachten über das Vegetationsgutachten die Hauptkritik am bayerischen Weg zur behördlichen Kontrolle des Wildschadens im Wald nicht entkräften. Außerdem warf ich einen kurzen Blick auf die ökonomische Seite der Forstwirtschaft. Jetzt wende ich mich Themen des Waldbaus, des Naturschutzes und der Jagd zu.

Laubholz ist deutschlandweit auf dem Vormarsch

Vielleicht ist der interessanteste Aspekt der unsäglichen Wald/Wild-Auseinandersetzung um Herrn Knoke und seine Mitstreiter das fast vollständige Ignorieren der vorhandenen Daten über die bayerischen Wälder. Es gibt eine Bundeswaldinventur (zu finden unter wald.de, zuletzt 2009 erneuert, und das besagte bayerische Vegetationsgutachten (zu finden unter forst.bayern.de). In beiden Datensammlungen wird eines bei aller Unsicherheit der Daten deutlich: Das Verhältnis der Baumarten verschiebt sich dramatisch in Richtung Laubholz und das obwohl Laubbaumarten dem Feinschmecker Reh viel besser munden als Fichten. Knoke und Mitverfasser erwähnen das in ihren Kampfschriften ebenfalls mit keinem Wort. Wie sich die Erhebungsdaten mit der angeblich so kritischen Lage der Laubbaumarten in Bayern vertragen, wird uns folglich auch nicht mitgeteilt.

Generell wird von vielen Forstexperten die Rolle des Lichts im Naturverjüngungsgeschehen nicht erkannt oder unterschätzt. In dunklen Beständen, die schon lange nicht mehr durchforstet wurden, kann sich die Naturverjüngung nicht durchsetzen. Es fehlt das überlebenswichtige Licht auf dem Waldboden (siehe unter wald-wild-mensch.de(PDF) ). Hier wären Waldbauern und Förster in der Pflicht und nicht die Jäger. Aber den Waldbauern wird nur eingebläut, es tummle sich zu viel Rehwild in ihren Wäldern. Mit den Jahrhundertstürmen Vivian und Wiebke und den darauf folgenden durch Borkenkäfer verursachten Schäden, lichteten sich unser Wälder beträchtlich. Die natürliche Verjüngung begann auf großer Fläche massiv zu sprießen.

Die Bundeswaldinventur weist unzweideutig aus, dass sich das Laubholz gewaltig ausbreitet. Im Alter von einem bis zwanzig Jahren bedeckt es bereits mehr Fläche als das Nadelholz . Im Alter von 20 bis 100 Jahren erreichte das Laubholz nur ungefähr die Hälfte der Fläche des Nadelholzes. In den letzten 20 bis 30 Jahren hat sich also ein beachtlicher Wandel vollzogen. Das Szenario wird im letzten bayerischen Vegetationsgutachten aus dem Jahr 2009, bei dem nur junge Pflanzen auf Verbissschäden begutachtet werden, bestätigt. Von 1991 bis 2009 hat sich der Prozentsatz der Fichten von rund 53% auf 43% verringert. Das Laubholz hat sich von 39% auf 50% erhöht.
Betrachtet man nur die Pflanzen in einer Höhe, in der sie vom Rehwild nicht mehr verbissen werden können (ungefähr 1 m Höhe), so stellt sich das Bild folgendermaßen dar: Von 1994 bis 2009 erhöhte sich der Laubholzanteil von 50 auf 65%. Im selben Zeitraum ging der Nadelholzanteil von etwas über 45% auf ca. 32% zurück. Diese Zahlen sind so massiv, dass man ihnen vermutlich trotz der mangelnden Qualität bei der Datenerhebung und Analyse größenordnungsmäßig trauen kann. Außerdem bestätigt dies auch jeder geübte Blick in den Wald.

Die Veränderungen im Bereich der Pflanzen, die die Verbisshöhe schon überschritten haben, sind insofern besonders bemerkenswert, als sich an den Zahlen ohne Eingriff des Försters nicht mehr viel ändern wird. In Teilen des bayerischen Oberlandes ist die Veränderung noch dramatischer. Dort ist die Buche in den natürlich nachwachsenden Flächen bei 50%, die Tanne bei ca. 20% und die Fichte ist von ehemals 70% in den Althölzern auf ca. 20% zurückgegangen. Die restlichen 10% sind mit Edellaubhölzern bewachsen. Ahorn , Esche und Kirsche können zwar derzeit interessante Perlen im Knokeschen Portfolio sein, aber sie können niemals zum Massenprodukt werden. Steigt ihr Angebot, wird der Preis rasant fallen, da die Absatzmärkte sehr begrenzt sind.

Was bedeutet das für den Waldbesitzer? Ohne ins Detail gehen zu wollen, kann man festhalten: wirtschaftlich bedeutet es eine Katastrophe. Wie schon angedeutet, ist die Buche derzeit kaum zu vermarkten und es gibt keine realistische Aussicht auf eine Verbesserung der Situation. Die Buche hat nämlich nicht nur einen beachtlichen Preis- und Marktnachteil, sie hat auch sonst noch unzählige Nachteile. Grob geschätzt müsste der durchschnittliche Buchen-Stammholzpreis wohl mindestens das Doppelte des Fichtenpreises betragen, um die Buche wirtschaftlich konkurrenzfähig zu machen. Ein derartiges Szenario ist allerdings pures Wunschdenken. Übrigens beträfe der Niedergang der Forstwirtschaft nicht nur die Waldbesitzer. Es beträfe jedermann, da das im Wesentlichen auf Fichtenwirtschaft beruhende Volumen der Forstwirtschaft in Deutschland mit allen angehängten holzwirtschaftlichen Industrien jährlich 180 Milliarden Euro umfasst und 1,3 Millionen Arbeitskräfte beschäftigt.

Hoffnung für die Buche gibt es nur auf dem Brennholzmarkt bzw. Verstromungsmarkt. Sollte der Strompreis weiter steigen und die Technik der Holzvergasung verbessert werden, dann wird Buchenholz lukrativ für die Stromproduktion verwendet werden können. Allerdings eignet sich auch jedes andere Holz für diesen Zweck, wenn auch mit unterschiedlicher Energieausbeute.
Für die Waldromantiker ist diese Aussicht aber auch nicht rosig, da man für diesen Zweck den Waldbau vermutlich auf Schnellstumtrieb umstellen würde – man benötigte ja kein schnitt- sondern nur noch häckselfähiges Holz. Das Resultat wäre ein Niederwald , den man alle 20 oder 30 Jahre zur Stromgewinnung ernten könnte. Bestenfalls würde ein Mittelwald resultieren, bei dem man einige alte Bäume über dem Niederwald zur Stammholznutzung heranwachsen ließe.

Naturschutz und Forstpolitik

Man fragt sich, woher die Laubholzbegeisterung eines Teils der Behörden, der Wissenschaftler und der Förster kommt. Die Antwort erscheint klar: Zum einen sind die wenigsten dieser Herren und Damen Waldbesitzer und zum anderen sind die meisten zumindest Sympathisanten der Naturschutzbewegung. Seit 1913 waren immerhin vier der Vorsitzenden des BN in Bayern Forstleute, nämlich die ersten und die letzten beiden. Unter Naturschützern genießt die Buche mythische Verehrung. Unter den Romantikern des 19. Jahrhunderts war es die Eiche, heute eben die Buche. Wie bei allen Werturteilen ist eine rationale Begründung unmöglich. Die Wald-Naturschützer unserer Zeit sind sich weitgehend einig, dass Deutschland weltweit die Haupt- Verantwortung für diese Baumart trägt, da hier die größten zusammenhängenden Buchenwälder der Nacheiszeit angesiedelt waren. Ungefähr 40% der Fläche waren in Bayern von der Buche besiedelt, heute sind es in den Althölzern ungefähr 15% (siehe unter webdoc.sub.gwdg.de(PDF)).

Das mag alles richtig sein, obwohl es auch bei der Rekonstruktion der Baumartenanteile vor zwei Tausend und mehr Jahren erhebliche Unsicherheiten gibt. Die Sorge um die Buche wäre aber nur verständlich, wenn sie tatsächlich im Niedergang begriffen wäre. Davon sind wir sehr weit entfernt. Wie wir gesehen haben, trifft eher das Gegenteil zu: Die Buche überrollt uns. Manche Waldschützer hören sich so an, als ob die Buche kurz vor dem endgültigen Aus stünde und als ob daran Jäger und Rehwild die Verantwortung trügen.

Wie kommt die enorme Zunahme der Naturverjüngung insgesamt und die der Buche im Besonderen zustande? Meines Wissens ist diese Frage kaum bearbeitet worden, da die Buchenvermehrung nicht sein kann, wenn sie nicht sein darf. Wenn man die Buchenausbreitung überhaupt zur Kenntnis nimmt, dann geht man scheinbar davon aus, dass die Zunahme mit den erhöhten Abschüssen zusammenhängt, obwohl ja auch die oft geleugnet werden. In meinen Augen ist die einzige naheliegende Annahme, dass das Licht (siehe unter wald-wild-mensch.de(PDF)) der entscheidende Faktor ist und war.

Spekulationen zur Waldstrategie einiger Naturschützer

Der Wald ist die bevorzugte Spielwiese der Naturschützer. Einerseits befindet er sich in einem relativ (im Vergleich zur Landwirtschaft) naturnahen Zustand und andererseits ist die Forstlobby bei weitem kein so starker Gegner wie die Landwirtschaftslobby. Könnte man die Gedanken führender Naturschützer lesen, würde man bei einigen sicher folgende Überlegung zumindest im unbewussten Teil des Gehirns erkennen: Wenn die Forstwirtschaft als Wirtschaftszweig uninteressant wird, gibt es nur noch zwei Bevölkerungsgruppen, die sich für den Wald interessieren: Jäger und Naturschützer. Derzeit tut man in Naturschutzkreisen alles, um die Jäger aus dem Ring zu boxen, indem man Jagdethik und Jagdkultur lächerlich macht und die traditionelle Jagd als Privileg des Adels und sonstiger ‚Großkopferter‘ stigmatisiert. Selten fehlt auch der Hinweis auf die Herkunft unseres derzeitigen Jagdgesetzes aus der Nazizeit.

Außerdem gelingt es den Naturschützern und ihren Verbündeten bei den Forstbehörden, die Abschussquoten für das Schalenwild so zu steigern, dass eine konservative Jagdausübung und Hege kaum mehr möglich ist. Es muss in vielen Fällen auf alles geschossen werden, was sich irgendwo bewegt, wenn man die behördlichen Abschussvorgaben erfüllen will. Man versucht die winterliche und auch die nächtliche Ruhezeit des Wildes zu zerstören, indem man auch zu diesen Zeiten jagt oder versucht, die Erlaubnis dazu zu bekommen. Die Fütterung des Wildes soll auch in Notzeiten verboten werden, da damit angeblich der Verbiss und die Schälschäden ansteigen. Das ist bei artgerechter Fütterung zwar physiologischer Humbug, ist aber zentraler Bestandteil des Glaubenskanons der extremen Gegner einer vernünftigen Jagdbewirtschaftung. Früher war der ‚Schießer‘ (jemand, der den Finger am Abzug nicht gerade lassen kann, wenn er Wild sieht) eine Unperson im Jagdwesen, heute nennt er sich ‚ökologischer‘ Jäger und bildet sich ein, den Wald zu retten.

Die Reviere, in denen Jagd und eine auf Naturverjüngung basierende Forstwirtschaft harmonieren, werden totgeschwiegen, um nur ja nicht als Modell für die Staatsforsten ins Gespräch zu kommen. Man kann sich fragen, ob das volkswirtschaftlich zu verantworten ist. Zumindest im Gebirge ist die Jagd oft lukrativer als die Forstwirtschaft. Bei der Wertermittlung eines Fortbetriebs ist die Jagd heute ein wesentlicher Faktor. Es ist schwer vorstellbar, dass es Waldbesitzer gibt, die darauf freiwillig verzichten wollen.

Über die vielleicht archaische aber nichts desto trotz für viele überwältigende Faszination, die von einer kultiviert ausgeübten Jagd ausgeht, will ich gar nicht sprechen. Es ist nicht verwunderlich, dass darüber in der Öffentlichkeit außerhalb der Jagdliteratur nur noch Wilderer sprechen dürfen, wie ein Film des Bayerischen Rundfunks 2008 (‚Grüß Gott, Gams‘ Beitrag zu finden unter br-online.de) beeindruckend belegt. Der Jagdbetrieb, wie er derzeit in den meisten (allen?) Revieren des staatlichen bayerischen Forstbetriebs gepflegt wird und wie er auch in vielen eigenbewirtschafteten Genossenschafts- und Eigenjagden immer mehr um sich greift, ähnelt mehr einer unkontrollierten Ballerei auf alles, was nach Schalenwild aussieht, als einer gezielten Hege und Ernte, wie sie in der Land- und Forstwirtschaft üblich ist. Einer der bisherigen Höhepunkte dieses Wildreduktionswahns: auf einer Drückjagd im Staatswald auf Rotwild wurde ‚versehentlich‘ ein Steinbock erlegt.

Vom Jagdjahr 2000/2001 bis 2008/2009 stieg der Abschuss beim Rehwild im Staatswald von ca. 38.000 Stück auf ca. 49.000 an (siehe unter forst.bayern.de(PDF)). Man muss dazu wissen, dass 38.000 bei ca. 700.000 ha reiner Waldfläche schon sehr viel ist. Rehe bevorzugen die Feld/Wald – Übergangsgebiete als Lebensraum. Dort sind Abschusszahlen von 5 bis 10 Stück pro 100 ha normal. In reinen Waldgebieten liegen sie deutlich darunter. Beim Rotwild stieg der Abschuss von rund 2.800 auf 3.400. Allein beim Gamswild blieb er konstant bei ca. 2.500 Stück.

Wie schon manchmal in der Vergangenheit, befindet sich ein Teil des Landes fest im Griff irrationaler und romantischer Weltverbesserer. Im vorliegenden Fall treten sie als Waldverbesserer auf. Wie in diesem unserem Lande üblich, gehen sie mit der sprichwörtlichen deutschen Gründlichkeit vor. Mit den Mitteln der Vernunft sind ihre Argumente nicht nachvollziehbar.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Naturschutzbewegung hat unzweifelhaft positive Ergebnisse und Errungenschaften vorzuweisen. Gegen Nationalparks und geschützte Sonderbiotope ist wenig einzuwenden. Aber ob man wirklich 10% der Gesamtfläche irgendwie unter Schutz stellen muss und ob X Schutzkategorien Sinn machen, darf angezweifelt werden. In den letzten zwei bis drei Jahrzehnten hat der Naturschutz zumindest im Wald den Bogen erheblich überspannt. Wenn Gutes zum Selbstzweck wird, kann es sich schnell ins Negative kehren.
Zunächst entstand die Bewegung zu spät. Nämlich als fast alle Feuchtgebiete entwässert und mit wenigen Ausnahmen alle Flüsse begradigt waren. Dann aber weckte sie schnell das schlechte Gewissen in den Stadtmenschen des Industriezeitalters. Letztere verklären die Natur zu einem ebenso fragilen wie romantischen Gebilde, das unserer Hilfsmaßnahmen bedarf. Die Mitgliederzahlen in den verschiedenen Organisationen wuchsen und mit ihnen der Einfluss auf die Politik. Gefragt waren jetzt nicht mehr überzeugende bio-logische Argumente, sondern mediengerechte Schlagworte und aufgeblasene Untergangsszenarien.

Jetzt müssen wir mit FFH (Fauna-Flora-Habitat) – Gebieten und Roten Listen leben. FFH-Flächen kosten viel Geld, schaffen teure Arbeitsplätze und ändern so gut wie nichts am Naturgeschehen. Die Roten Listen fungieren als Gelddruckmaschinen für die Naturschutzverbände, entspringen, soweit Mitteleuropa betroffen ist, der Fantasie von politisch motivierten Zivilisationskritikern, die dem sogenannten Käseglocken – Naturschutz verhaftete sind und ändern an den Artenbeständen absolut nichts. Letztere steuert nämlich heutzutage kaum noch der Mensch, sondern Klimaveränderungen (Buch (Englisch) zum Thema unter onlinelibrary.wiley.com). Als Menschen die Artenbestände hauptsächlich von Beginn der Landwirtschaft vor ca. 10.000 Jahren bis zum späten Mittelalter noch stark beeinflussten war die Wirkung eine Erhöhung der Artenbestände Mitteleuropas, trotz Ausrottung der großen Beutegreifer (siehe unter bfn.de(PDF)). In der Bilanz ist das möglicherweise immer noch so, da im Zeitalter der Globalisierung mehr Arten zuwandern als aussterben. Die Zuwanderung wird aber als große Gefahr für die bestehenden Artenbestände gesehen. Ganz nach dem Motto: Käseglocke drüber und Ausländer raus.

Das bestehende Jagdgesetz bietet genügend Raum für vernünftige Lösungen echter Konflikte

Der bestehende jagdgesetzliche Rahmen ermöglicht eine riesige Spannweite möglicher Lösungen des Wald/Wild-Problems, wo ein solches besteht. Die Jagdgenossenschaften wählen ihre Jagdpächter selbst aus und haben weitgehende Vertragshoheit. Sie können die Jagd auch selbst bewirtschaften und dann den juristisch ungeschützten Jagdausübungsberechtigten alle möglichen Knebel auferlegen. Tatsächlich gibt es schon ganze Landstriche, in denen Rehwildsichtungen extrem selten geworden sind, da das Wild nur noch überleben kann, wenn es sich ganz ins Unterholz und in die Nachtzeit zurückzieht.

Dem Rehwild gelingt dies üblicherweise aufgrund seiner Sozialstruktur und Körpergröße, dem Rotwild nicht. Folglich wurde letzteres in weiten Teilen Deutschlands, wo es vom Biotop her hingehört und auch von der menschlichen Besiedlung her zu tolerieren wäre, ausgerottet. Einige Populationen des Rotwilds leben mittlerweile weitgehend isoliert von ihren Artgenossen, was die Gefahr der Inzucht nach sich zieht.

Wo es noch Rehe in großer Anzahl gibt, die wesentliche Schäden anrichten, wird entweder eine unsachgemäße Forstwirtschaft betrieben, und/oder die Waldbesitzer haben in der Mehrzahl kein Interesse am Wald. Das kann geschehen, wenn die Bedingungen für den Wald ungünstig oder die Eigentumsflächen sehr klein sind. Eine solche Situation ist für Waldliebhaber sicher unbefriedigend, aber die Entscheidungsgewalt darüber hat die Mehrheit der Jagdgenossen, (unter Berücksichtigung der Flächengrößen). Wenn die Jagdgenossen lieber den Wald mit Zäunen durchziehen als den Jagdpächter zu wechseln, ist auch das ihr gutes Recht. Ob es vernünftig ist, ist eine andere Frage. Der Einfluss der Jagdbehörde auf solche Fehlentwicklungen ist gering und sollte sich ausschließlich auf Aufklärung beschränken und nicht mit Bußgeldern und Ersatzvornahmen drohen. Laufend dem Jagdpächter die Abschusshöhe raufzuschrauben, während seine bejagbare Fläche und die Äsungsfläche des Wildes durch Zaunbau immer kleiner werden, ist sicher auch nicht zielführend. Ein in der Jagdgenossenschaft überstimmter Waldbesitzer kann übrigens sein Recht auf Vermeidung eines Wildschadens heutzutage sogar einklagen. Auch das ist kein befriedigender Weg. Wie schon oft festgestellt wurde, ist der einzige gangbare Weg der der konstruktiven Kommunikation zwischen den Vertragspartnern. Ein jährlicher Revierbegang mit Jagd- und Waidgenossen kann Wunder wirken. Für weitere Verschärfungen des Jagdgesetzes, wie von Ökojägern gefordert, besteht keinerlei Notwendigkeit. Das bestehende Gesetz bietet den Waldbesitzern jede Möglichkeit auf demokratischem Weg sein Recht einzufordern.

Im Bayerischen Waldgesetz steht die Suggestivformel „Wald vor Wild“. Das macht zwar biologisch absolut keinen Sinn, da Rehe seit Jahrmillionen im Wald und an dessen Rändern leben. Aber als Begründung für extreme Forderungen, wie die Jagd auf Rehe mit Schrotgewehren oder in der Nacht und als Aufforderung zur radikalen Reduktion des Schalenwilds ist die Formel sehr erfolgreich. Versucht man die Ursachen für Wildschäden im Wald zu ergründen, stellt sich selbstverständlich sehr schnell heraus, dass die Zusammenhänge weitaus komplizierter sind, als es sich viele Förster in Bayern vorstellen (siehe unter sciencedirect.com(Englisch)). Wie fast immer in der Ökologie, gibt es keine simplen monokausalen Beziehungen.

Prof. Paul Müller hat aus diesem Grund den Begriff der „ökosystemgerechte Jagd“ (Buch zum Thema, zu finden unter amazon.de) entworfen. Die dahinter stehende Theorie soll einen vernünftigen Ausgleich in dem Kraftfeld zwischen Naturschutz, Tierschutz, Forstschutz und Jagd hervorbringen. Der Vorschlag wird aber bisher auch in den jagdlichen Fachgremien kaum wahrgenommen.

Man kann nur hoffen, dass dieser ideologische Spuk, den es weder in Österreich noch in der Schweiz in dieser Form gibt, obwohl die Voraussetzungen in beiden Ländern sehr ähnlich sind, bald abflaut und in die Geschichtsbücher über administrative und wissenschaftliche Tollheiten verbannt wird. Es gibt zumindest kleine Zeichen der Hoffnung. Ins neu verfasste Deutsche Waldgesetz wurde der Passus „Wald vor Wild“ nicht aufgenommen und nach den neuen bayerischen Förderrichtlinien wird auch die Pflege einer Fichtenverjüngung unterstützt. Das war bis vor kurzem undenkbar, Fichten sind ja in den Augen der forstlichen Neo-Romantiker geradezu die Feinde der „naturgemäßen“ Forstwirtschaft.

Quote:

Bedrohen Rehe unsere Mischwälder?
Ein simples Thema in den Mühlrädern von Politik, Verwaltung, Pseudowissenschaft und Ideologie.
Geschrieben von Florian von Schilcher
Dietramszell

Autor:
Holzi am 12. Okt. 2010 um 04:36 Uhr
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Comments

Man muss schon ein vorbildllicher Ignorant sein, um so ein Fichtenpolemiker zu bleiben. Aber das wird hier ja auch bewießen: "Diese Zahlen sind so massiv, dass man ihnen vermutlich trotz der mangelnden Qualität bei der Datenerhebung und Analyse größenordnungsmäßig trauen kann. Außerdem bestätigt dies auch jeder geübte Blick in den Wald "
Dieser Mensch wird vor allem durch die Buche im Kopf bedroht

Was ist denn dass überhaupt für eine Seite hier, ohne Impressum und ohne Sinn außer jenem, dämliche Halbwahrheiten zu verbreiten

Paul

Gast um 09:38 Uhr

ok - Impressum gefunden - Seite bleibt trotzdem ein Witz

Paul um 09:42 Uhr

wieso ist die Seite ein Witz??? Das würde mich ja schon mal Interessieren.

Holzi um 10:27 Uhr

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