Holzindustrie fordert Stärkung des ländlichen Raums
 in Thüringen



Bei den Koalitionsgesprächen in Thüringen verhandeln Linke, SPD und Grüne aktuell in sechs Arbeitsgruppen einzelne Themengebiete. Der Bereich Forst und Holz könnte dabei zu kurz kommen, befürchten die Spitzenverbände der deutschen Holzindustrie. Für die Volkswirtschaft im „Grünen Herzen“ Deutschlands hätte dies schwerwiegende Folgen. Denn hier sitzen weltweit führende Unternehmen der Holzwirtschaft.

Zwar sei die Stärkung des ländlichen Raums ein gemeinsames Ziel der regierungsbildenden Parteien in Thüringen. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigten jedoch, dass die Politik die Potenziale der regionalen Wirtschaftszweige mit ihren kleinen und mittleren Betrieben zu lange schon verkennt, kritisieren der Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband e.V. (DeSH) und die Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher e.V. (AGR). Die designierten Regierungsparteien in Thüringen müssten nun zeigen, dass sie ihrem im Wahlkampf proklamierten Anspruch einer regionalen Öko-Wirtschaft auch in der Praxis gerecht werden. Die Verbände fordern die Koalitionsparteien auf, gemeinsam mit der Branche eine „Charta für wertschöpfende Holzverwendung“ zu entwickeln, anstatt Unternehmen und damit den arbeitenden Menschen im ländlichen Raum die Rohstoffbasis zu entziehen.

Holzwirtschaft fordert „Charta für Holz“


„Die Stärkung des Clusters Forst und Holz darf kein reines Lippenbekenntnis bleiben“, fordert DeSH-Geschäftsführer Lars Schmidt. Denn mit Ausnahme der Forstwirtschaft weisen alle Wirtschaftszweige des Sektors seit Jahren einen Rückgang an Bruttowertschöpfung und Beschäftigung auf. Das zeigt eine neue Studie des bundeseigenen Thünen-Instituts. Diese Entwicklung würde von der Politik jedoch schon zu lange ignoriert: Hohe Rohstoff- und Energiekosten sowie Hemmnisse bei der Waldbewirtschaftung und Holznutzung würden selbst waldreiche Bundesländer wie Thüringen zunehmend unattraktiv für die Holzindustrie machen. „Die stoffliche Verwertung von Holz ist aus ökologischer, klimapolitischer und ressourcenökonomischer sowie aus arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischer Sicht absolut zukunftsweisend und daher zu fördern“, sagt Schmidt. Mit einer verstärkten Holzverwendung ließe sich ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der umwelt- und klimapolitischen Ziele leisten .

Schutz und Nutzung im Einklang


„Zur Sicherung des Standorts gehört es auch, die Ressource Wald möglichst effizient zu nutzen“, sagt Dr. Denny Ohnesorge, Geschäftsführer der AGR, und kritisiert damit die Pläne der regierungsbildenden Parteien, neuerlich 25.000 Hektar Waldfläche pauschal von der Nutzung auszuschließen. „Der Holzindustrie geht es nicht um die Frage, ob Naturschutz im Wald sinnvoll ist und Artenschutz betrieben wird, sondern darum, wie man allen Schutz- und Nutzungsansprüchen im Sinne der nachhaltigen Waldwirtschaft gerecht wird“, bekräftigt Ohnesorge. Weitere Flächenstilllegungen seien ökologisch schlicht nicht begründet. „Natur- und Artenschutz lassen sich in naturnah bewirtschafteten Wäldern mitunter zielgerichteter und besser erfüllen als auf unbewirtschafteten Flächen“, ergänzt Schmidt. Durch die Pläne würden vielmehr wertvolle Ressourcen verlorengehen und die regionale Wirtschaft geschwächt, ohne den Naturschutz und die biologische Vielfalt spürbar zu erhöhen. „Meint es die rot-rot-grüne Koalition ernst mit dem ländlichen Raum, muss sie ganzheitlich agieren und nicht ausschließlich die romantisch verqueren Positionen der Naturschutzverbände bedienen“, so Ohnesorge. Mit diesen ließen sich zwar Stimmen im städtischen Umfeld gewinnen, der betroffenen Bevölkerung im ländlichen Raum sei damit jedoch nicht geholfen.

Nutzungsbeschränkungen verschärfen Holzknappheit 


Die Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal GmbH im thüringischen Blankenstein ist so ein Unternehmen des ländlichen Raumes. Sie stellt ihren Zellstoff überwiegend aus heimischer Fichte her. Geschäftsführer Leonhard Nossol befürchtet bei Umsetzung der Pläne von Rot-Rot-Grün einen steigenden Nutzungsdruck: „Sollte infolge von Flächenstilllegungen und anderen Nutzungsbeschränkungen das Holzaufkommen für die Biomassekraftwerke sinken, müssen sich diese zwangsläufig bei den Holzsortimenten der Zellstoff- und Holzwerkstoffindustrie bedienen. Im Ergebnis steigt der Konkurrenzdruck um den Rohstoff“, erklärt Nossol die Problematik. Dies sei vor allem vor dem Hintergrund bedenklich, dass die Landesregierung die Biomassenutzung und die Ansiedelung von Kraftwerken finanziell gefördert hat. „Daher wäre es völlig absurd, erst Nachfrage nach Biomasse zu generieren, um dann das Rohstoffangebot zu reduzieren“, äußert Nossol sein Unverständnis über die Planungen der Koalitionsparteien.

Kein weiterer Personalabbau in der Forstverwaltung


In den vergangenen Jahren ist die Bewirtschaftung stetig zurückgegangen. Besonders betroffen ist der Kleinprivatwald aufgrund der geringen Flächengrößen und der damit verbundenen mangelnden Wirtschaftlichkeit. Sollte das bewährte Betreuungsangebot der staatlichen Forstämter in Thüringen weiter zurückgefahren oder kartellrechtlich unterbunden werden, würde diese bedenkliche Entwicklung weiter befeuert. „Die Koalition muss eine flächendeckende Betreuung des Privatwaldes gewährleisten, um Waldeigentümern weiterhin die Bewirtschaftung ihrer Flächen zu ermöglichen“, fordert Schmidt. Es dürfe kein weiterer Personalabbau in der Landesforstverwaltung stattfinden, sagt auch Ralf Pollmeier, Sägewerksinhaber aus Creuzburg. „Diese gebündelte Form der Holzvermarktung sichert die Wettbewerbsfähigkeit meines Unternehmens.“ Die Landesforsten vermarkten jährlich über eine Million Kubikmeter Holz aus 200.000 Hektar Staatswald . Hinzu kommen 900.000 Festmeter, die von Forstämtern im Auftrag privater und kommunaler Waldbesitzer vermarktet werden.

Doppelte Waldzertifizierung bringt keinen Mehrwert


Kritisch sieht die Holzindustrie ebenfalls die von den Grünen geplante doppelte Zertifizierung im Thüringer Staatswald. Demnach soll dieser neben dem bestehenden PEFC -Siegel (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) künftig auch den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC ) entsprechen. „Wir halten die Waldzertifizierung grundsätzlich für eine gute Sache, sehen jedoch insbesondere beim FSC-Siegel Mängel bei der Transparenz“, erklärt Ohnesorge. Die doppelte Zertifizierung bringe in hiesigen Wäldern mit ohnehin hohen Standards keinen Mehrwert. Im Gegenteil: Insbesondere für Unternehmen, die mit ihren Produkten im internationalen Wettbewerb stehen, bedeutet das FSC-Siegel eine Wettbewerbsverzerrung. So wird beispielsweise Zellstoff international gehandelt. Der FSC-Zellstoff für Papier- und Kartonprodukte in Deutschland stammt häufig aus Eukalyptusholz, das auf Plantagen in Lateinamerika und Südafrika unter industriellen Bedingungen produziert wird. „Der Verbraucher sieht nur das FSC-Siegel und denkt, er tut der Umwelt etwas Gutes. Tatsächlich unterstützt er damit die Etablierung von Plantagen in Drittländern“, so Ohnesorge. Solange Plantagenholz und Holz aus Kahlschlägen nicht als solche gekennzeichnet werden, ist die Werbung mit dem vermeintlichen Ökosiegel FSC irreführend und täuscht den Verbraucher. Eine differenzierte Kaufentscheidung zu Gunsten eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Ressource Holz sei dadurch nicht gegeben. Die Verbände fordern daher die Koalitionsparteien auf, vor einer zusätzlichen FSC-Zertifizierung Aspekte wie Verbraucherschutz, Kosten und Mehrwert prüfen zu lassen.

Die Parteien streben eine schnelle Einigung an. Die Verhandlungen sollen am 19. November abgeschlossen sein.

Autor:
Holzi am 12. Nov. 2014 um 10:38 Uhr
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