Wie entstehen aus Zuckern und Pflanzenölen kratzbeständige Holzlacke? Fraunhofer-Forscher zeigen es: Sie haben Möbellacke entwickelt, die etwa zur Hälfte aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen – bei gleich guten Eigenschaften wie herkömmliche Lacke. Ihre Neuentwicklungen präsentieren die Wissenschaftler auf der Messe European Coatings Show vom 31. März bis zum 2. April in Nürnberg (Halle 9, Stand 163).
Die Erdölvorräte sind begrenzt und nachwachsende Rohstoffe werden in Zukunft an die Stelle petrochemischer Grundstoffe treten müssen. Was Möbellacke betrifft, konnten Fraunhofer-Forscher am Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI in Braunschweig Erdölbestandteile bereits zu einem großen Teil ersetzen: Die Wissenschaftler haben wasserverdünnbare Möbellacke auf Basis von Pflanzenölen und Zuckern entwickelt, die in ihren Eigenschaften den handelsüblichen Lacken in nichts nachstehen. Sie sind genauso chemikalienbeständig, abriebfest und kratzbeständig.
»Mit diesen Lacken können wir der Industrie eine ansprechende Alternative zur Petrochemie bereitstellen, die sich gut bewährt hat und wirtschaftlich ist«, berichtet Dr. Claudia Philipp vom Fraunhofer WKI. Die neuen Lacke basieren auf der chemischen Verbindung 1,3-Propandiol, das sich aus Glycerin herstellen lässt. Glycerin wiederum ist die Grundsubstanz aller Pflanzenöle und fällt als Nebenprodukt etwa bei der Herstellung von Fettsäuren oder Biodiesel an. Aus 1,3-Propandiol synthetisieren die Forscher im Labor das Lack-Bindemittel Polyurethan, ein Bestandteil von harten und kratzbeständigen Klarlacken. »Das kostengünstige 1,3-Propandiol soll einen teuren petrochemischen Synthesebaustein ersetzen, wobei die Beschichtungseigenschaften des Lacks gleichbleiben«, erklärt Dr. Guido Hora, Abteilungsleiter am Fraunhofer WKI.
1,3-Propandiol wurde bislang wenig Beachtung geschenkt und ist momentan noch ein seltener Lackrohstoff. »Wir haben erstmals den Zusammenhang zwischen dem Ausgangsstoff und den Eigenschaften des Lacks genauer unter die Lupe genommen«, erläutert Philipp. Das Ergebnis: »Wie die chemische Struktur von 1,3-Propandiol vermuten lässt, ist der neue Lack nicht nur hart, sondern auch stoßelastisch.« Er platzt demnach nicht ab, wenn beispielsweise eine Tasse auf den lackierten Tisch fällt. Ein guter Lack soll zwar hart sein, aber einen Stoß auch in gewissem Maße abfangen, um das Möbelstück unter ihm zu schützen. Der neue Lack der Fraunhofer-Forscher ist zudem NMP-frei. Die Substanz N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP), einst ein beliebtes Lösemittel für Polyurethanlacke, war früher in vielen Produkten vertreten. Jedoch schädigt die Substanz das Kind im Mutterleib und ist inzwischen EU-weit in Konzentrationen von größer fünf Prozent kennzeichnungspflichtig.
Erstmals ist es den Forschern auch gelungen, einen Acryllack auf Basis von gewöhnlichen Zuckern herzustellen. Dieser besteht zu über 60 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und enthält härtere Grundbausteine als gewöhnliche Acryllacke. Auf der Messe European Coatings Show in Nürnberg präsentieren die Forscher vom Fraunhofer WKI die beiden neuentwickelten Lacke. Highlight ist ein Tisch, der mit dem neuen Polyurethanlack lackiert ist. In einem Schaukasten sieht der Besucher auch, welche Stationen ein Lack bei seiner Entstehung durchläuft. Das Motto des Fraunhofer- Gemeinschaftstands lautet: »Vom Rohstoff zur Funktionsbeschichtung«. Mit dabei sind weitere Fraunhofer-Institute, die auf die Herstellung von Lacken und Farben spezialisiert sind: das Institut für Silicatforschung ISC, das Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM und die Allianz Photokatalyse. Das Fraunhofer ISC präsentiert Glasfassadenelemente mit funktionellen Oberflächen, das Fraunhofer IFAM ein Flugzeugmodell mit speziellen Polyurethan-Beschichtungen.
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