Als Argument für einen Nationalpark werden oft positive Tourismuseffekte angeführt. Dass es sich dabei allerdings nur um überzogene Erwartungen handelt, die nichts mit der Realität zu tun haben, zeigt eine aktuelle Studie.
Viele Nationalpark-Befürworter erhoffen sich mit der Einrichtung eines Nationalparks auch eine touristische Belebung ihrer Region. Doch als Tourismus-Magnete haben sich Nationalparks bisher nicht erwiesen. Die im August 2012 veröffentlichte Studie von Project M, der Unternehmensberatung für die Tourismus- und Freizeitbranche, zeigt: Ob Bayerischer Wald, Eifel oder Harz – dies sind Regionen, die trotz Nationalparks seit Jahren mit rückläufigen Übernachtungszahlen zu kämpfen haben. Die nüchterne Bilanz: Im Zeitraum von 2006 bis 2011 sind die Übernachtungen im Bayerischen Wald um 2,9 Prozent, in der Eifel um 5,1 Prozent und im Harz um 5,4 Prozent zurückgegangen. Die Hoffnungen auf eine Belebung des Tourismusgeschäfts erscheinen vor diesem Hintergrund völlig überzogen. Lars Schmidt, Generalsekretär der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DSH), erläutert: „Verschiedene Beispiele zeigen: Nicht der Nationalpark als Totalschutzzone ist die Besucherattraktion, sondern die eingerichtete touristische Infrastruktur. Ein verwilderter Wald ist für Urlauber unattraktiv, da ein Großteil der Waldfläche nicht mehr betreten werden kann. Spaziergänge, Wandern oder Mountainbiking sind nur eingeschränkt möglich und insbesondere nach Borkenkäferbefall aufgrund kahler Waldflächen unansehnlich.“
Eine Deutschlandkarte zeigt die Übernachtungsentwicklung der einzelnen Reisegebiete in der Bundesrepublik. Mittelfristig betrachtet (2006-2011), verzeichneten 139 deutsche Reisegebiete eine durchschnittliche Übernachtungszunahme von zwölf Prozent. Mit dem Bayerischen Wald, Berchtesgaden und dem Harz liegen drei Nationalparks in Regionen, die nicht nur Einbußen bei den Übernachtungen, sondern auch massive Marktanteilsverluste zu beklagen haben. Die Totalschutzzonen Kellerwald und Eifel befinden sich in Reisegebieten, die keine oder nur geringe Zunahmen bei Übernachtungen verzeichnen – was einem deutlichen Marktanteilsverlust gleichkommt. Vier Nationalparks aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg erstrecken sich über Reisegebiete, die sich hinsichtlich der Übernachtungszahlen unterdurchschnittlich entwickelt haben und leichte Marktanteilsverluste spüren. Mit den Nationalparks Hainich und Sächsische Schweiz sind lediglich zwei Nationalparks in Regionen verortet, die sich über Marktanteilsgewinne freuen können. Einer von ihnen profitiert allerdings vom Baumkronenpfad im Thüringer Hainich, der tatsächlich Besucher anzieht, jedoch außerhalb des Schutzgebiets liegt und mit den Stilllegungsflächen des Nationalparks Hainich nichts zu tun hat. „Diese Beispiele zeigen deutlich, dass es für die positive Entwicklung des ländlichen Raums ganzheitlicher Ansätze bedarf, die Bewirtschaftungs-, Naturschutz- und Erholungsaspekte ausgewogen berücksichtigen“, sagt Dr. Denny Ohnesorge, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher e. V. (AGR). Und mit Blick auf den Nationalpark Bayerischer Wald ergänzt er: „Hier hat man die Fehler erkannt und die Verantwortlichen versuchen, seit nunmehr zwei Jahren mit einer Neustrukturierung und einem schlüssigen Organisationsmodell gegenzusteuern. Die Zahlen der Übernachtungen und Gästeankünfte sind dort in den vergangenen zehn Jahren stark eingebrochen.“
Naturschützer und Politiker suggerieren der örtlichen Bevölkerung, dass ein Nationalpark keine oder nur geringe Einschränkungen zur Folge hat. Schon ein Blick in die Verordnungen bestehender Nationalparke beweist das Gegenteil: Ein Betreten des Waldes ist in der Regel nur noch auf dafür gekennzeichneten Wegen gestattet und größere Wandergruppen dürfen lediglich mit Genehmigung der Nationalparkverwaltung in das Gebiet. Waldprodukte wie beispielsweise Beeren, Pilze, oder Brennholz können aus den im Kerngebiet liegenden Gebieten nicht mehr genutzt werden. Viele Wege werden ganz gesperrt oder sogar unter hohen Kosten zurückgebaut. Zudem werden Nationalparks zum überwiegenden Teil aus Steuermitteln finanziert, die als Subventionen vom Landeshaushalt oder der EU aufgebracht werden müssen. So liegen die jährlichen Ausgaben bei den bestehenden Nationalparks Bayerischer Wald, Hainich, Kellerwald-Edersee und Harz zwischen 250 und 640 Euro je Hektar. Dem stehen Einnahmen von etwa 100 Euro je Hektar gegenüber.
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