Von der Brennerei zur Bioraffinerie: Organische Reststoffe zweifach energetisch nutzbar machen



Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Hochschule OWL aus den Fachrichtungen Getränketechnologie und Abfallwirtschaft/Deponietechnik entwickelt in einem neuen Projekt gleich zwei innovative Lösungsansätze zur Umwandlung von Biomasse zu Energieträgern: Sie erweitern eine Brennerei zu einer Bioraffinerie, in der zunächst Bioethanol aus lignocellulosehaltigen organischen Abfällen gewonnen wird, aus dessen Reststoffen im Anschluss wiederum Biogas und Biokohle hergestellt werden. Die fachbereichsübergreifende Forschungsarbeit „BioAL-COAL“ – wird mit über 430.000 Euro im Programm „IngenieurNachwuchs 2013“ des BMBF gefördert.

In Zeiten der weltweit zunehmenden Nachfrage nach fossilen Grundstoffen wie Erdöl oder Erdgas kommt der Nutzung nachwachsender Rohstoffe, insbesondere auch von organischen Abfällen und Reststoffen, eine immer höhere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund entwickelt ein interdisziplinäres Forschungsteam der Hochschule OWL aus den Fachrichtungen Getränketechnologie und Abfallwirtschaft/Deponietechnik in einem neuen Projekt gleich zwei innovative Lösungsansätze zur Umwandlung von Biomasse zu Energieträgern: Sie erweitern eine Brennerei zu einer Bioraffinerie, in der zunächst Bioethanol aus lignocellulosehaltigen organischen Abfällen gewonnen wird, aus dessen Reststoffen im Anschluss wiederum Biogas und Biokohle hergestellt werden. Die fachbereichsübergreifende Forschungsarbeit „Erweiterung von Brennereien zu Lignocellulose-Bioraffinerien durch Kombination innovativer Konversionstechniken“ – kurz „BioAL-COAL“ – wird mit über 430.000 Euro im Programm „IngenieurNachwuchs 2013“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Forscherinnen und Forscher können dabei auf die Ergebnisse eines weiteren Forschungsprojekts aus dem Fachgebiet Getränketechnologie zurückgreifen, in dem zunächst eine Technik zum Aufschluss lignocellulosehaltiger Substrate entwickelt wird. Auch das Projekt „aqua-Ethanol“ erhält eine Förderung von rund 170.000 Euro im „Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.

Bioethanol ist ein natürliches Produkt und wird durch die Vergärung zucker- und stärkehaltiger Pflanzen hergestellt. Insbesondere die Produktion von Bioethanol der ersten Generation ist jedoch nicht unumstritten: Durch die Nutzung von Lebensmitteln wie beispielsweise Zuckerrohr, -rüben, Getreide und Mais steht die Bioethanolproduktion in Konkurrenz zur Nahrungsproduktion – viele befürchten eine Verknappung von Nahrungsmitteln sowie weiter steigende Lebensmittelpreise, da in immer mehr landwirtschaftlichen Gebieten Mais, Weizen und Zuckerrohr für Kraftstoffe angebaut wird. Die Forscherinnen und Forscher der Hochschule OWL stellen deshalb Bioethanol der zweiten Generation her: Statt Lebensmitteln wird Lignozellulose genutzt, ein Zuckermolekül, dass in jedem pflanzlichen Material vorkommt – beispielsweise auch in Holz , Stroh oder anderen organischen Abfällen und Reststoffen aus der Land- und Forstwirtschaft.

Der zentrale Ansatz des Projekts „BioAL-COAL“ besteht nun darin, die lignocellulosehaltigen Substrate nicht nur für die Bioethanolproduktion zu nutzen, sondern sie auch im Nachhinein noch effizient zu verwenden: durch Biogasgewinnung und Produktion von Biokohle. „Zunächst werden die lignocellulosehaltigen Substrate durch eine so genannte „Hydrothermale Aktivierung“ der Ethanolproduktion zugänglich gemacht. Die dabei entstandenen Reststoffe, die so genannte Schlempe, werden danach in einer Biogasanlage und einer nachgeschalteten „Hydrothermalen Carbonisierung“, bei der die pflanzliche Biomasse hohem Druck und hohen Temperaturen ausgesetzt wird, zu Biogas bzw. Biokohle umgewandelt“, erklärt Professor Jan Schneider, Leiter des Projekts „BioAL-COAL“. Das Besondere: Sowohl die thermische Aufbereitung der Substrate im Vorfeld, als auch die Umwandlung der Reststoffe in weitere Energieträger werden in einer einzigen Anlagenkombination mit zwei verbundenen und kontinuierlich arbeitenden Druckbehältern durchgeführt.

Diese Entwicklung ist vor allem für kleine und mittelständische Brennereien interessant: „Mit kleinen anlagentechnischen Eingriffen bzw. Erweiterungen und damit einem relativ geringen Investitionsaufwand können so die vorhandenen Kapazitäten der Kartoffel- und Getreidebrennereien deutlich erweitert werden, um auch lignocellulosehaltige Stoffe hochwertig und möglichst vollständig zu Energieträgern und biobasierten chemischen Grundstoffen zu konvertieren. Gerade vor dem Hintergrund des bis 2017 sukzessive auslaufenden Branntweinmonopols eröffnet sich den Brennereien damit zudem eine dringend benötigte wirtschaftliche Alternative“, so Timo Broeker, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt.

Neben Professor Schneider aus dem Fachbereich Life Science Technologies ist auch Professor Hans-Günter Ramke, Fachbereich Umweltingenieurwesen und Angewandte Informatik, sowie vier wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Seiten der Hochschule OWL am Projekt beteiligt, von denen zwei im Rahmen des Projekts eine kooperative Promotion anfertigen werden.

Das Forschungsvorhaben wir auch von Seiten der Industrie unterstützt: Die Brennerei Glitz-Ehringhausen stellt ihren Betrieb für Demonstrationsversuche vor Ort zur Verfügung, die Erbslöh Geisenheim AG liefert benötigte Enzyme, Mikroorganismen sowie Nährhilfsstoffe und die COWA Remscheid GmbH unterstützt mit ihrem Know-How im Bereich Anlagenbau und –planung. Das Projekt ist mit einer Laufzeit von drei Jahren bis Mitte 2016 angesetzt. Anschließend werden den beteiligten Firmen das verfahrenstechnische Konzept und die Informationen zur Dosierung und Wirkung der entwickelten Produkte zur Verfügung gestellt.

Autor:
Holzi am 04. Nov. 2013 um 11:20 Uhr
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