Jedes dritte in Deutschland produzierte Möbel wird laut Auskunft des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM) ins Ausland verkauft - Tendenz steigend. „Gutes deutsches Möbeldesign wird weltweit hoch geschätzt“, sagt VDM-Hauptgeschäftsführer Dirk-Uwe Klaas und fügt an: „Design und Möbelbau sind in Deutschland ein altes und erfolgreiches Paar. Heute gibt es in Deutschland deshalb mehr Designhochschulen als in allen anderen Ländern der Welt. Das hohe Interesse und der hohe Stellenwert an Möbeldesign in und aus Deutschland hat eine lange Tradition.“
Denn wen man nach den Ursprüngen deutschen Möbeldesigns fragt, muss man mindestens bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, nämlich ins Biedermeier, zurückblicken. Das entstehende deutsche Bürgertum suchte das Ideal des Biederen und Schlichten. Aus der Kunst des Weglassens vom Opulenten und Barocken, wurde in Deutschland erstmals eine eigene Wohnkultur mit dem dazugehörigen Gefühl der neuen Gemütlichkeit erfunden.
Der wachsende Wohlstand führte dann nach dem Biedermeier zum Siegeszug der „germanischen“ Eiche. Schwere Eichenmöbel und „altdeutsches“ Mobiliar wurden zum Urbild des Heimeligen, wurden zu einer erfundenen Tradition, die sich lange und zäh gehalten hat. Vor rund achtzig Jahren kam es dann auch wieder und gerade in Deutschland zu einer Revolution im Designverständnis. Das deutsche BAUHAUS entwarf das radikalste Programm gegen die vermeintliche Gemütlichkeit. Das BAUHAUS wirkte vermutlich wie ein Kulturschock, wie der konsequente Gegenentwurf zur überholten aber kulturell verwurzelten Wohntradition. Deshalb verstand sich das moderne deutsche Möbeldesign auch nicht als oberflächlicher Stil, sondern als Weg. Hier liegt der Ursprung des heutigen deutschen Möbeldesigns: die ganzheitliche Sichtweise, vom ressourcenschonenden Material über alle Aspekte des Entwurfs, über Technik und Handhabung bis hin zu Fragen der Langlebigkeit und Nachhaltigkeit.
Abermals wurde in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg auch beim Wohnen aufgeräumt. In den 1950er und 1960er spielte die Reform der Einrichtung eine Schlüsselrolle. Was nun als „Internationaler Stil“ galt, beruhte im Wesentlichen auf jenen Konzepten, die BAUHAUS-Emigranten in ihrem Reisegepäck nach Amerika mitgebracht und dort an den Universitäten verbreitet hatten. Deutsches Möbeldesign fungierte somit zweimal als Katalysator des modernen Designs.
Heute wird Möbeldesign aus Deutschland daher zu Recht weltweit hoch geschätzt. Tradition und Moderne ermöglichen immer neue Innovationen, ob Anbauküche, Schlafsofa, Systemschrank oder Raumteiler, sie alle haben in Deutschland ihren Ursprung und ihre Geschichte. Auch heute hat die nahezu rein mittelständisch geprägte deutsche Möbelindustrie die nötige Flexibilität, um auf die wechselnden Bedürfnisse der Märkte schnell zu reagieren.
Dabei werden Innovationen in Zukunft immer wichtiger und der Schlüssel zum Erfolg der heimischen Hersteller. Nicht nur wegen der gewachsenen Ansprüche der Käufer, sondern auch, um sich von der bedrohlichen Billigkonkurrenz deutlich abzugrenzen. Dafür steht nicht zuletzt eine beachtliche Anzahl erfahrener und gut ausgebildeter junger, kosmopolitisch denkender Designer zur Verfügung. In der Zeit der beschleunigenden Globalisierung könnte die Branche so zum Überholen ansetzen. Möbel mit Designqualität sind die wahren Repräsentationsstücke, sind Wohlfühlobjekte, stehen über der Zeit und bleiben dauerhaft schön.
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