Passivhaus oder Plusenergie? Die Frage nach energetischen Standards allein reicht nicht aus, um die Energiewende im Bauwesen voranzutreiben. „Speziell Schulen nachhaltig zu gestalten, bedeutet, ökonomische, ökologische und soziale Aspekte zu vereinen. Längerer Unterricht und neue Unterrichtsformen erfordern, Schulgebäude so zu konstruieren, dass sie für die Anforderungen der nächsten 25 Jahre gerüstet sind“, sagte Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Im Gymnasium Diedorf (LK Augsburg) übergab DBU-Expertin Sabine Djahanschah heute einen Förderbescheid über 640.000 Euro an Landrat Martin Sailer und Schulleiter Günter Manhardt für ein bislang einmaliges Vorhaben: den Neubau der Schule im Plusenergiestandard und in Holzbauweise. Brickwedde: „Energetische Standards spielen im Projekt ebenso eine Rolle wie Komfort, umweltger echte Materialien und pädagogische Konzepte. Das ist ein großer Innovationssprung gegenüber Passivhausschulen.“
„Das Projekt umfasst die integrale Planung und die Umsetzung des zukunftsfähigen Schulgebäudes. Der umfassende Ansatz und das ehrgeizige Ziel gehen deutlich über die gängige Praxis und gesetzlichen Mindestanforderungen für Schulneubauten hinaus. Vor allem die geplante Gebäudekonstruktion aus Holz grenzt das Vorhaben von vergleichbaren Projekten ab“, betonte Djahanschah. Das Gebäude solle auf etwa 12.600 Quadratmeter rund 930 Schüler beherbergen. Ein zentrales Nachhaltigkeitsziel sei der umfassende Einsatz nachwachsender Rohstoffe, die im Planungsprozess hinsichtlich ihres Brand-, Schall- und Wärmeschutzes optimiert würden. Eine Holz-Beton-Verbunddecke verbessere die Wärmespeicherkapazität und den Schallschutz.
„Der wichtige Vorteil des Holzbaus, nämlich die Möglichkeit, große Teile des Gebäudes vorzufertigen, soll im Projekt modellhaft aufgezeigt werden“, erläuterten die verantwortlichen Architekten Prof. Hermann Kaufmann und Prof. Florian Nagler, beide von der Technischen Universität (TU) München. Ein weiterer Nutzen: Die Bauarbeiten könnten nach Innen verlagert werden, weswegen Arbeiter und Materialien nicht den Launen des Wetters ausgesetzt seien. Das sichere die Qualität und verkürze den Bauprozess, da Störungen im Ablauf weitestgehend vermieden werden könnten. „Das Gebäude erhält eine hochwärmegedämmte Hülle. Die Wärmeversorgung erfolgt über Pellet-Kessel. Im Sommer wird die Schule über Verdunstungskälte der Klimaanlagen temperiert, die im Gegensatz zu herkömmlicher Kältetechnik kaum elektrischen Strom verbraucht“, erläuterte Andreas Ro brecht vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE). Die zentrale Lüftungsanlage werde mit einer hochwirksamen Wärmerückgewinnung ausgestattet.
„Durch das frühzeitige Einbinden der Gebäudenutzer sollen bereits beim Raumprogramm sowie beim Gestalten und Ausstatten der Räume neuartige pädagogische Ansätze berücksichtigt werden. Flexible Lösungen sollen je nach Unterrichtsform eine multifunktionale Nutzung der Räume ermöglichen und die Aufenthaltsqualität für Schüler und Lehrer so angenehm wie möglich gestalten“, so Manhardt. „Wir schaffen durch diese Bauweise optimale Bildungsbedingungen und machen das Gymnasium zu einem Leuchtturmprojekt, das in all seinen Facetten weit über die Grenzen des Landkreises Augsburg hinaus strahlen wird“, ergänzte Sailer. Um die angestrebte Plusenergiequalität zu erreichen, erhielten alle Planungsbeteiligten ein energetisches „Pflichtenheft“, in dem alle Zielvereinbarungen nochmals detailliert aufgeführt seien. Das Planungsbüro kplan AG (Abensberg) koordiniere die am Projekt beteiligten Fac hleute und überwache die bauliche Umsetzung. Brickwedde: „Wir sind überzeugt, dass wir anderen Interessenten nach Abschluss der zweijährigen Bewertungsphase sehr wichtige Erkenntnisse und Ratschläge für den Neubau oder das Sanieren von Schulen mit an die Hand geben können.“
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