Hamburger Forscher ermitteln Art und Herkunft tropischer Hölzer



Eigentlich lässt sich die Ukulele leicht verorten. Bekannt ist das kleine, gitarrenähnliche Instrument aus dem Pazifikraum, vor allem aus Hawaii. Im Radio hatte man sie oft im Ohr, als der Song „Over the Rainbow“ des hawaiianischen Sängers Israel Kamakawiwo‘ole wochenlang in den Charts war. Bei uns ist die viersaitige Minigitarre eher exotisch, wird aber im Fachhandel und manchmal auch bei Discountern angeboten. Von einem dieser Großhändler ging unlängst auch im Hamburger Thünen Institut für Holzforschung ein Musterexemplar zur Begutachtung ein. Dort sitzt mit Dr. Gerald Koch ein weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Holzartenbestimmung. Er sollte überprüfen, aus welchen Hölzern die Ukulele gefertigt war, die in großer Stückzahl importiert und auf dem deutschen Markt verkauft werden sollte.

Die Bitte hatte einen ernsten Hintergrund, denn kein Importeur möchte sich vorwerfen lassen, er würde geschützte oder illegal eingeschlagene Hölzer oder Holzprodukte einführen. Ab dem 3. März 2013 gilt außerdem die neue EU-Holzhandelsverordnung, die allen Marktteilnehmern besondere Sorgfaltspflichten beim Holzimport auferlegt und den Handel mit illegal eingeschlagenem Holz verbietet.

Die Überprüfung der Ukulele ergab Kurioses: Für das Griffbrett war Erle , ein unter anderem in Mitteleuropa vorkommendes Holz, verwendet worden. Der Korpus bestand aus Lagen von Afrikanischem Sapelli, Pappel und Linde. Der Saitenhalter (Brücke) war aus Nordamerikanischem Ahorn gefertigt. Zusammengebaut wurden die von verschiedenen Kontinenten stammenden Einzelteile in China. „Auch wenn keine der Holzarten geschützt war und sie verwendet werden durften, wirft das Ergebnis doch einen bezeichnenden Blick auf den internationalen Handel mit Holz“, meint Gerald Koch. Oft seien es gar nicht die besonderen Eigenschaften eines speziellen Holzes, die über seine Verwendung entscheiden, sondern die Verfügbarkeit und der Preis.

In anderen Fällen, wie beim Echten Mahagoni, machen der Nimbus und die hohe Wertigkeit die Attraktivität des Holzes aus. In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass die ab März in die EU eingeführten Holzprodukte richtig deklariert sind, nicht von geschützten Arten und nicht aus illegaler Abholzung stammen. Doch Papier ist geduldig, Importdokumente lassen sich fälschen, und die Kontrolleure vor Ort sind meist keine Holzexperten. In Zweifelsfällen sind sie daher auf Fachwissen angewiesen, wie es in
Europa in diesem Umfang nur das Thünen-Institut in Hamburg bereitstellt. Dort ist im März das Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte ins Leben gerufen worden, das die Expertise aus vier Fachinstituten sammelt. Die Arbeitsgruppe von Gerald Koch zum Beispiel kann auf eine Mustersammlung von 12.000 Holzarten zurückgreifen und ist damit in der Lage, praktisch jedes Holz mithilfe von kleinen Proben, die mit Lupe oder Mikroskop untersucht werden, gattungs- oder artgenau zu bestimmen. Kochs Gutachten haben auch vor Gericht Bestand. Doch manchmal, wie beim Echten Mahagoni, reicht es nicht, nur die Gattung und individuelle Art zu kennen. „Das Echte Mahagoni ist ein sehr wertvolles Edelholz, das in Naturwäldern von Mexiko bis Bolivien vorkommt“, erläutert Dr. Bernd Degen, Leiter des Thünen-Instituts für Forstgenetik und wie Koch Mitglied im
Kompetenzzentrum. „Die Baumart unterliegt dem Washingtoner Artenschutzabkommen und darf aktuell nicht aus Bolivien in die EU eingeführt werden. Der Import aus Mexiko und Guatemala ist dagegen mit den entsprechenden Dokumenten erlaubt, weil dort noch eine nachhaltige Bewirtschaftung möglich ist.“ Mikroskopisch sind die Herkünfte jedoch nicht voneinander zu unterscheiden. Hier helfen nur genetische Untersuchungen.

Bäume sind nicht sehr beweglich: In Naturwäldern unterscheidet sich das genetische Profil von Bäumen der gleichen Art umso mehr, je größer der räumliche Abstand zwischen ihnen ist. „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, bemüht Bernd Degen das alte Sprichwort. Sein Ziel ist es, von den fraglichen Baumarten in den verschiedenen Regionen ihres Vorkommens systematisch Stichproben zu sammeln und ihr Erbgut zu untersuchen. Mithilfe von sogenannten Genmarkern lassen sich dann genetische Unterschiede ermitteln, die als Referenzen für die geografische Zuordnung dienen. Auf diese Weise kann man bei geschlagenem Holz feststellen, aus welchem Land oder welcher Region es stammt. „Das funktioniert ähnlich wie beim Vaterschaftstest“, sagt Degen. Allerdings sind Probenahme und Aufarbeitung des Erbmaterials bei Bäumen ungleich komplizierter. Der Aufbau der Referenzdatenbank steht noch am Anfang. Doch sie wächst. In Zusammenarbeit mit Kollegen aus Costa Rica, Puerto Rico, Brasilien und Großbritannien hat die Arbeitsgruppe von Bernd Degen von mehr als 2.000 Mahagoni-Bäumen aus 34 Vorkommen in Lateinamerika Proben genommen und deren genetischen Fingerabdrücke bestimmt. Für Echtes Mahagoni steht damit erstmalig ein fälschungssicheres Instrument zur Herkunftskontrolle auf Länderebene bereit. Auch in Afrika und Asien sind die Forstgenetiker des Thünen Instituts unterwegs. Denn auch andere kritische Baumarten sollen genetisch erfasst werden, um künftig einen klaren Herkunftsnachweis zu ermöglichen und den globalen Holzhandel in saubere Bahnen zu lenken.

Dieser Handel treibt manchmal seltsame Blüten: So sollte Gerald Koch zum Beispiel kürzlich Gartenstühle überprüfen, die ein Großhändler eingeführt hatte. Ergebnis: Das Holz war unkritisch– aber die linke Lehne war aus Terentang (trop. Asien) gefertigt, die rechte aus Ekopnaga (trop. Afrika); beides Hölzer, die bisher nur sehr selten im internationalen Markt vorkommen.

Autor:
Holzi am 04. Mär. 2013 um 05:46 Uhr
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