Nahezu unbekannt ist, welch ein enormes Potenzial Holz für den Klimaschutz hat. Dass eine Tonne Holz 5,6 Tonnen CO2 einspart, sorgte denn auch für Erstaunen bei den Gästen des Aktionstages der Initiative HolzProKlima am 11. Mai in Arnsberg (Sauerland)*. Aus Rede- und Diskussionsbeiträgen von acht Experten nahmen rund 60 Enscheidungsträger aus der regionalen Politik und Wirtschaft den Anstoß mit, den Bau- und Werkstoff Holz stärker und effizienter als bisher zu nutzen.
Hubertus Flötotto, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrates e. V. und Geschäftsführer der Sauerländer Spanplatten GmbH, veranschaulichte in seiner Begrüßung den Klimabonus von Holz: „Ein Kubikmeter Holz kompensiert den CO2-Ausstoß eines PKW auf einer Fahrtstrecke von 6.000 km. Nur vier Prozent mehr stoffliche Holzverwendung in Europa können den CO2-Jahresausstoß von 50 Mio. Kraftfahrzeugen zusätzlich ausgleichen.“
Holz vermindert die Klimabelastung auf zweierlei Weise: erstens als energiesparende Alternative zu Stahl, Beton, Aluminium und Glas und zweitens als Naturprodukt, das während seines Wachstums im Wald CO2 aus der Luft gesogen hat. Insgesamt wurden durch die Verwendung von Holzprodukten in Deutschland 2011 105 Mio. t CO2 vermieden. Das entspricht fast der Menge an Treibhausgasen, die alle erneuerbaren Energien (Wind, Solar, Biomasse, Geothermie) zusammen im Jahr 2011 verhindern konnten.
„Ohne Holz zum Bauen, Einrichten und Leben läge die CO2-Emission in Deutschland 13 % höher“, ergänzte Dr. Peter Sauerwein, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. (VHI) in seinem Vortrag. „Welche Branche kann eine solche Klimabilanz schon für sich reklamieren?“ Er forderte die Politik auf, der ökologisch vorbildlichen Holzbranche mehr Beachtung zu schenken, Holz auch in öffentlichen Bauprojekten stärker einzusetzen und Holzprodukte neben dem Wald als Kohlenstoffsenke anzuerkennen.
In der anschließenden Expertendiskussion wurde dann am Arnsberger Beispiel deutlich, wie sehr Klimaschutz durch Wald und Holz Hand in Hand mit regionaler Wertschöpfung und Arbeitsplätzen geht. Die Stadt Arnsberg zählt mit einem Waldanteil von etwa 62 % zu den waldreichsten Städten Deutschlands und beheimatet mehr als 240 Unternehmen, die mit fast 2.500 Beschäftigten einen Umsatz von 475 Mio. Euro im Cluster Wald und Holz erwirtschaften**. Heute verdanken hier bereits zehn Prozent aller Sozialversicherungspflichtigen ihren Arbeitsplatz dem Holz.
Dr. Karl Schneider, Landrat des Hochsauerlandkreises, und Bernd Lepski, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Arnsberg, bewerteten die enge Verwobenheit von Kreis und Stadt mit der Forst- und Holzwirtschaft als Standortvorteil. Sie leiteten daraus eine einzigartige Chance für die Außendarstellung der Region ab, benannten aber auch eine Herausforderung: trotz der großen Waldgebiete müsse man ressourcen-effizient mit Holz und Altholz umgehen. Nach einer Potenzialstudie habe die Nutzung von Holz als Brennstoff bereits so stark zugenommen, dass die Versorgung der Wirtschaft und des Handwerks mit dem Rohstoff nun selbst im grünen Sauerland abgesichert werden müsse. Vor dem Hintergrund der Holzverfügbarkeit und des Klimaschutzes müsse man das jüngst gebaute Biomassekraftwerk womöglich in einem neuen Licht betrachten. „War das klug?“, fragte denn auch Dr. Schneider ins Publikum.
Aus Sicht der Sägeindustrie äußerte Johann Kirchhoff, Inhaber des gleichnamigen Familienunternehmens, das seit 1845 in der 6. Generation Sauerländer Holz verarbeitet, die Sorge um die Fichte als „Brotbaum der Holzindustrie“; sie dürfe nicht aus den Wäldern gedrängt werden. Eine großflächige Stilllegung von Wäldern für den Naturschutz würde sich für die Marktchancen des Ökoproduktes Holz und damit für den Klimaschutz kontraproduktiv auswirken.
Das Gespenst der Abwanderung der Holzindustrie in den rohstoffreichen Osten Europas wollte Meinolf Hering, Geschäftsführer der ortsansässigen DUROPAL GmbH, nicht an die Wand malen. Als reale Bedrohung aber beschrieb er die steigenden Rohstoffkosten aufgrund der zunehmenden thermischen Entwertung des Rohstoffes Holz. Hering: „Der Holzpreis ist in Deutschland so hoch, wie in keinem anderen europäischen Land. Der Preis für einen Kubikmeter Nadelindustrieholz stieg in den letzten Jahren um mehr als 80 Prozent. Das ist ein großes Problem, weil Duropal als Hersteller von Arbeitsplatten für die europäische Möbelindustrie einer der größten deutschen Verarbeiter von Spanplatten ist.“ Durch eine Holzverknappung würde der Preis weiter steigen und bundesweit 300.000 Arbeitsplätze in der Holzwerkstoff-, Möbel- und Holzbauindustrie gefährden.
Andreas Wiebe, Leiter des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, lobte die HolzProKlima-Initiative von inzwischen elf Verbänden und deren „außerordentlich kluge Ausrichtung, die dem Cluster Forst und Holz sehr viel helfen wird“. Indem man die Klimavorteile von Holz deutlich mache, könne man sich sowohl in der Naturschutz-Diskussion behaupten als auch der Politik als Problemlöser empfehlen. Das Land NRW tue – im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtungen wie z.B. der Biodiversitätsvorgaben von EU und Bund – alles, was möglich ist, um den Holzabsatz zu stärken. Eine Maßnahme sei hier eine holzfreundlichere Fassung der Landesbauordnung.
Dieses Stichwort griff Eduard Appelhans, Geschäftsführer der Sorpetaler Fensterbau GmbH, auf: „Bei der öffentlichen Ausschreibung und Beschaffung von beispielsweise Holzfenstern zählt immer noch der billigste Einkaufspreis statt eine Gesamtbetrachtung, die Qualität, Wohlfühlen und ökologische Vorteilhaftigkeit einschließt.“ Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass Holzprodukte aufgrund ihrer immer wichtigeren Klimaschutzeigenschaften immer stärker nachgefragt werden, so wie heute schon in der Schweiz und in Österreich.
Bevor Moderator Lars Langhans, Experte für Nachhaltigkeitskommunikation, die Diskussion schloss, erhielten die Zuhörer die Gelegenheit zur Stellungnahme. Matthias Eisfeld forderte im Namen des Landesbeirats Holz NRW und der Initiative CO2-Bank ein NRW-Gesetz zur Anerkennung von Holz als Kohlenstoffspeicher. Politische Vertreter des Kreistages kündigten an, ihre Möglichkeiten im Hochsauerlandkreis für den Klimaschutz durch Holz zu nutzen. Schließlich waren sich alle Teilnehmer einig, dass – mit den Worten von Landrat Dr. Schneider – „die stoffliche Nutzung des Rohstoffs eindeutig im Vordergrund stehen“ müsse.
Hubertus Flötotto und Meinolf Hering sprachen die Schlussworte in der Festhalle der Bürgerschützengesellschaft und fassten zusammen: „Wem Arbeitsplätze und Wertschöpfung sowie klimafreundliche Produkte wichtig sind, dem muss auch die Forst- und Holzwirtschaft am Herzen liegen – gleich ob hier am Standort Arnsberg oder anderswo in Deutschland. Wir brauchen den Schulterschluss von Forst & Holz und wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen, um den Klimaschutz beim Bauen, Wohnen und Einrichten nach vorn zu bringen.“
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