Mit einer stärkeren Kundenorientierung sowie einer eindeutigen strategischen Positionierung kann es der Sägeindustrie gelingen, den sehr positiven allgemeinen Green Economy-Trend in der Holzbranche voll auszuschöpfen. Das geht aus der Studie „Spricht die Sägeindustrie die Sprache ihrer Kunden?“ hervor, die Baker Tilly Roelfs in Zusammenarbeit mit dem Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband e.V. (DeSH) erstellt hat. Grundlage der Studie sind eine Online-Umfrage sowie Experteninterviews, bei denen sich deutliche Wahrnehmungsunterschiede zu Marktanforderungen und Vertriebsfragen zwischen Sägebetrieben und ausgewählten Kundenbranchen zeigten. Neben den Trends und Anwendungsfeldern sowie Produkten und Dienstleistungen bestehen vor allem in der Wahrnehmung der Vertriebsausrichtung der Säger große Unterschiede zwischen Anbietern und Kunden.
Mit Hilfe von Experteninterviews und einer Online-Umfrage wurden in den Untersuchungsfeldern Trends und Anwendungsfelder, Produkte und Dienstleistungen sowie Vertrieb und Absatzwege Wahrnehmungsunterschiede aufgedeckt. Dadurch konnten die Sichtweisen verglichen und hinsichtlich der Untersuchungsfelder analysiert werden.
„Die Sägeindustrie muss sich stärker an ihren Kunden ausrichten“, bringt Lars Schmidt, Hauptgeschäftsführer des DeSH das Ergebnis der Studie auf den Punkt. Der Trend zu Green Economy bietet der gesamten Holzbranche eigentliche beste Chancen für eine positive Entwicklung: Die Verwendung von Holz ist naturverträglich, stiftet als natürliche Ressource einen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels und trifft den Trend zum stärkeren Umweltbewusstsein. Vor allem auch die Sägeindustrie könnte davon als eine der Schlüsselindustrien nachhaltig profitieren und die seit 2008 anhaltende Branchenkrise überwinden. Dazu gilt es jedoch sowohl externe aber auch interne Faktoren zu erkennen und sich entsprechend der Markt und Kundenanforderungen auszurichten.
Gesetzliche und politische Rahmenbedingungen hemmen die Potenzialentfaltung der Branchenunternehmen seit geraumer Zeit. Dazu zählt u.a. die zu einem nicht unwesentlichen Teil politisch bedingte schwierige Rohstoffsituation: Aufgrund des Laubbaum orientierten Waldumbaus und Flächenstilllegungen für Nationalparks geht die inländische Verfügbarkeit des wirtschaftlich besonders relevanten Nadelholzes seit Jahren zurück. Aufgrund der Summe einzelner Entwicklungen kommt dadurch zu einem teils künstlich herbeigeführten Rohstoffpreisanstieg. Die Preise können seitens der Säger auf dem internationalen Schnittholzmarkt kaum an die Endkunden weitergegeben werden. So schrumpfen an vielen Stellen die Margen. Aus unternehmerischer Sicht gibt es in diesem Umfeld grundsätzlich zwei strategische Positionierungen, die langfristig erfolgsversprechend sind: die Nischen oder die Preis-/Mengenstrategie. „Die meisten Sägebetriebe stehen allerdings zwischen den beiden Strategien – sie sind geradezu „gefangen“ in der Mitte und weisen häufig keine eindeutige strategische Positionierung auf“, so Andreas Maquet von Baker Tilly Roelfs.
Um sich am Markt zu positionieren und die hohe Branchenattraktivität zu nutzen, bedarf es einer engen Abstimmung der Sägeindustrie mit ihren Abnehmern. Die Studie zeigt jedoch: Betriebe und Kunden haben in vielen Fällen unterschiedliche Ansichten von ihrer Zusammenarbeit. Die Produkte entsprechen häufig nicht mehr dem, was die Abnehmer heute benötigen. Das Ziel der Untersuchung war es deshalb, auf Grundlage der identifizierten Wahrnehmungsunterschiede zwischen der Sägeindustrie und ihren Kunden, Handlungsfelder aufzuzeigen und den Kundenfokus der Sägebetriebe wieder zu schärfen.
Bei den Trends und Anwendungsfeldern sollten die Sägebetriebe bestrebt sein, Chancen gemeinsam mit ihren Kunden zu nutzen. Die Bildung vertikaler Netzwerke kann dabei helfen. Die Wahrnehmung der Trends setzt bei einzelnen Kundenbranchen voraus, dass die Sägeindustrie ihre Sicht auf deren Markt neu bestimmt. So haben sich beispielsweise auf dem Packmittelmarkt in den letzten Jahren Entwicklungen vollzogen, die zu einer deutlichen Erhöhung der Anforderungen an die Packmittelprodukte geführt haben. Die Erfüllung der Anforderungen setzt seitens der Sägeindustrie eine stärkere Berücksichtigung der benötigten Produkteigenschaften voraus.
Bei der Erfüllung von Produktanforderungen ergibt sich bei allen Kundenbranchen grundsätzlich ein Spannungsfeld: Standardisierung auf der einen und Individualisierung auf der anderen Seite. Sägebetriebe können sich diesem Spannungsfeld kaum entziehen und sollten bestrebt sein, sich in einem der beiden Felder zu positionieren.
Die deutlichsten Wahrnehmungsunterschiede ermittelte die Studie in dem Untersuchungsfeld Vertrieb und Absatzwege. Die Sägeindustrie nimmt ihre Vertriebsausrichtung als sehr kundenorientiert wahr. Den Ergebnissen der Online-Umfrage zufolge, empfinden die Kundenbranchen den Vertrieb allerdings als sehr viel weniger kundenorientiert – gleiches gilt für die Lösungs-, Anwendungs- und Serviceorientierung. Um ein gemeinsames Verständnis von den Anforderungen an den Vertrieb zu schaffen, muss die Kommunikation zwischen Sägebetrieben und Kunden deutlich verstärkt werden. Nur dadurch können Potenziale zielgerichtet identifiziert und Wettbewerbsvorteile nachhaltig aufgebaut werden.
Dies lässt sich auf alle drei Untersuchungsfelder übertragen, in denen Wahrnehmungsunterschiede zwischen der Sägeindustrie und ihren Kunden bestehen. Eine stärkere Kommunikation mit den Kunden ist Voraussetzung, um feldübergreifend passende Maßnahmen zu treffen. „Das Fazit der Studie lautet: Sprechen die Sägebetriebe und ihre Kunden die gleiche Sprache, können alle Beteiligten die vielversprechenden Chancen ausschöpfen und mögliche Ertragsreserven mobilisieren“, so Lars Schmidt vom DeSH.
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