Die Energieversorgung befindet sich im Wandel: Dabei stellt sich vor allem die Frage nach einer möglichst intelligenten und effizienten Nutzung aller Energieträger. Fraunhofer-Forscher haben gängige Konzepte der Wärmeversorgung unter die Lupe genommen und erhebliche Potenziale entdeckt.
»Niemand würde einen 50-Euro-Schein verheizen. Jedem ist klar, dass er dafür viel zu wertvoll ist«, glaubt Carsten Beier vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen. Anders als Geldscheine werden die meisten Energieträger jedoch noch immer viel zu oft unter Wert verheizt. Zum Beispiel Holz: »Holz ist ein hochqualitativer Brennstoff, vergleichbar mit Erdgas. Mit entsprechender Technologie ließe sich über die Verbrennung auch Strom erzeugen. Im Brennstoff Holz steckt viel mehr Energie, als wir im Moment nutzen«, erklärt Beier, der mit seinen Kollegen die Effizienz von Wärmeversorgungssystemen analysiert hat. Dazu haben die UMSICHT-Forscher ein Modell entwickelt, mit dem verschiedene Systeme und Technologien der Wärmeversorgung verglichen werden können – von Heizkesseln für Einfamilienhäuser bis hin zu Fernwärmenetzen für Städte. Ihr Bewertungskriterium ist dabei die Exergie, eine thermodynamische Größe, die sich über die Menge und die Qualität einer Energie definiert. Im Gegensatz zur CO2-Bilanz und zum Primärenergieverbrauch zeigt die Exergie-Analyse auf, ob die Potenziale, die in den eingesetzten Energien schlummern, ausreichend genutzt werden. »Würden Brennstoffe wie Erdgas oder Holz zur Stromerzeugung eingesetzt und nur die Abwärme daraus zum Heizen verwendet, könnte man große Mengen an Primärenergie einsparen und CO2-Emissionen vermeiden«, stellt Beier klar.
Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erschließen diese Potenziale bereits: Während in Großkraftwerken zur reinen Stromerzeugung durchschnittlich rund 60 Prozent der eingesetzten Energie als Abwärme über den Kühlturm entweicht, nutzen KWK-Anlagen diesen Wärmestrom zu Heizzwecken und erzielen so Gesamtwirkungsgrade von mehr als 80 Prozent. Bei ihren Analysen unterschieden die Forscher vier Kategorien der Wärmeerzeugung: Verbrennung, Kraft-Wärme-Kopplung sowie den Einsatz von Wärmepumpen und die Nutzung von Abwärme, wie sie bei industriellen Prozessen anfällt. Beim Vergleich der Kategorien schnitt die Nutzung von Abwärme in Verbindung mit Wärmenetzen besonders gut ab. Es zeigte sich jedoch auch, dass die Art der Trinkwassererwärmung einen entscheidenden Einfluss auf die Exergie-Effizienz hat: »Selbst bei einer Raumheizung auf Abwärmebasis fällt die exergetische Gesamtbilanz gravierend schlechter aus, wenn das Brauchwasser des zugehörigen Haushalts über einen Durchlauferhitzer elektrisch erwärmt wird«, so Beier.
Aus ihrem System- und Technologievergleich leiten die Forscher vor allem eine grundlegende Handlungsempfehlung ab: »Man sollte generell möglichst die Wärmequellen nutzen, deren Temperaturniveau dem des Wärmebedarfs entsprechen«, fordert Beier. Dabei könne man sich zu Nutze machen, dass es viele Anwendungen gibt, für die Wärme auf unterschiedlichen Temperaturniveaus benötigt wird. »Jede Form einer Kaskade ist sehr effizient: Beispielsweise wenn man aus einem Brennstoff Strom erzeugt, mit der Abwärme der Stromerzeugung das Brauchwasser erwärmt und erst die verbleibende Restwärme zum Heizen einsetzt«, erklärt der Forscher. Die Wirtschaftlichkeit solcher Szenarios wäre noch zu diskutieren, räumt er ein, zumal am Anfang hohe Investitionskosten stünden. »Andererseits müssen wir unser Energiesystem zügig umstrukturieren. Die Exergie-Analyse ist ein sehr gutes Werkzeug um zu erkennen, wie sich die zukünftige Energieversorgung entwickeln sollte.«
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